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Die Temperaturen steigen. Wetterextreme nehmen zu. Das Eis in der Arktis schmilzt und der Meeresspiegel steigt an. Die Auswirkungen davon treffen uns alle. Welche Ideen und Strategien die Partnerorganisationen des Projektes KlimaWald dagegen entwickeln, erzählt Johanna Maass von der Welthungerhilfe im Interview.

Besonders heftig sind kleine Inselstaaten von zunehmenden Stürme und Flutwellen betroffen. Doch die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels künftig zu verhindern, liegt nicht allein in der Macht der Inselstaaten. Dafür braucht es die internationale Gemeinschaft. Die Bewohner*innen können aber Strategien entwickeln, sich gegen die Folgen der Klimakrise zu wappnen. Daran arbeiten OroVerde und die Welthungerhilfe gemeinsam mit Partnerorganisationen in der Karibik. Ihre gemeinsame Mission: Netzwerke gründen, sogenannte Multi-Akteurs-Partnerschaften, die die Anpassung an den Klimawandel auf lokaler Ebene voranbringen. Wie solche Partnerschaften langfristig wirken und effektiv arbeiten, hat OroVerde mit Johanna Maass, KlimaWald-Projektmanagerin der Welthungerhilfe, besprochen:

 

OroVerde: Hanna, du bist gerade von einer Dienstreise wiedergekommen. Während deiner Reise in Haiti und der Dominikanischen Republik hast du an verschiedenen Workshops von KlimaWald-Partnerorganisationen teilgenommen. Dabei ging es um die Gründung von Netzwerken bzw. Multi-Akteurs-Partnerschaften. Was hat es damit auf sich?

Johanna: In den KlimaWald-Projektregionen in der Karibik steht die Bevölkerung vor vielen Herausforderungen des Klimawandels. Eine davon ist, dass beispielsweise die Trockenzeiten in den letzten Jahrzehnten viel länger geworden sind. Ernteausfälle und Schädlingsbefall sind die Folgen.

Die Partnerschaften sollen genau an dieser Stelle ansetzen und all diejenigen zusammenbringen, die mit diesen Auswirkungen leben müssen. Die Partnerorganisationen suchen sich sozusagen Verbündete für die gemeinsame Sache gegen die Folgen des Klimawandels. Das können Kleinbäuer*innen sein, Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, Politiker*innen, Unternehmer*innen und Wissenschaftler*innen. Ziel ist es, gemeinsam Lösungen zu finden, um beispielweise den Ernteausfällen entgegen zu wirken.

Bei den Partnerschaften geht es also darum, Akzeptanz für die Veränderungen und Aktivitäten des Projektes KlimaWald bei der Bevölkerung vor Ort zu finden. Dabei erarbeiten wir sogenannte ökosystembasierte Anpassung an die Klimawandelauswirkungen. Die Akzeptanz ist extrem wichtig, da durch das Einbeziehen möglichst aller Akteure in einem Gebiet die Wahrscheinlichkeit wächst, langfristig Dinge zu verändern.

OroVerde:Die Auswahl der Akteure dieser Partnerschaften erfolgt also nicht irgendwie, sondern nach einem bestimmten Ansatz?

Johanna: Ja, genau. Wir nennen das MAP. MAP steht für Multi-Akteurs Partnerschaft. Es ist eine Form der Kooperation oder Zusammenarbeit, um genau das gerade beschriebene zu erreichen. Es sollen Akteure aus allen gesellschaftlichen Bereichen an einen Tisch gebracht werden.

OroVerde: Wenn unterschiedliche Menschen zusammenkommen, gibt es meist unterschiedliche Interessen. Was ist das besondere an den Partnerschaften?

Johanna: Gerade diese unterschiedlichen Interessen sind für den Erfolg der Multi-Akteurs-Partnerschaften so wichtig. In dem Projekt KlimaWald arbeiten wir an Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels, die darauf abzielen Ökosysteme zu stärken. Ein Thema, was für viele Kleinbäuer*innen in ländlichen Gebieten in der Karibik essentiell ist. Allerdings hat es für viele noch keine große Priorität. Da geht es oft erstmal darum, die Familie zu ernähren und Geld zu verdienen, und dass auf die schnellste Art und Weise. Und das obwohl die Folgen des Klimawandels schon sehr spürbar sind.

Das heißt, die Partnerschaften müssen kreative Lösungen finden und Anreize für alle schaffen. Es sollen Landnutzungsformen und Verhaltensveränderungen gefördert werden, welche sowohl das Einkommen verbessern als auch die Biodiversität und die Ökosysteme schützen. Wenn man also so vielen Menschen wie möglich zuhört und deren Interessen, Sorgen und Prioritäten versteht, und diese in Entscheidungen einfließen lässt, gibt es automatisch in der Gesellschaft mehr Akzeptanz für Veränderungen. Änderungen, die die Projektregionen und ihre Bevölkerung resilienter gegenüber den Klimawandelfolgen machen sollen.

 

 

 

OroVerde: Wie können wir uns das praktisch vorstellen?

Johanna: Es gibt verschiedene Phasen in der Entwicklung einer Partnerschaft. Damit sie funktioniert, ist es sehr wichtig, zunächst den Kontext zu verstehen. Deshalb haben unsere Partnerorganisationen eine sogenannte Akteursanalyse erstellt. Das bedeutet, es wird eine Liste an wichtigen Akteuren in der Region zusammengetragen. In einer Region sind das zum Beispiel die Vertreter*innen der lokalen Behörden, die Vertreter*innen von Bauerngemeinschaften, anderer Organisationen, die lokale Zivilgesellschaft, und die Privatwirtschaft. In der Gegend ist das ein großer Kaffeeproduzent.

In einem zweiten Schritt gilt es zu analysieren, wie viel Einfluss sie haben, um die Projektziele in der Region zu erreichen, also wie wichtig sie als Akteure für die Partnerschaft sind. Darauf basierend werden sogenannte Container gebildet, d.h. ein Komitee von Schlüsselpersonen für den MAP-Prozess, sowie ein Projektmitarbeitende. Sie treffen sich fortan regelmäßig, um die Projektfortschritte zu besprechen und aktiv an der Gestaltung teilzunehmen.

OroVerde: Was ist also genau die Rolle des „Containers“ bzw. seiner Mitglieder? Und was soll im Idealfall mittel- bis langfristig daraus entstehen?

Johanna: Die Mitglieder des Containers definieren gemeinsame Ziele. Sie identifizieren aber auch Konflikte, kommen zusammen und tauschen sich aus über gesellschaftliche Veränderungen in den Projektregionen. Sie schauen aber auch, ob es sinnvoll ist weitere Akteure anzusprechen. Die wichtigste Aufgabe des Containers ist aber, dass sie immer in den Mittelpunkt stellen, ein gemeinsames Problem zu haben und gemeinsam dafür eine Lösung zu erarbeiten.

Langfristig soll daraus ein Akteurs-Bündnis entstehen, welches gemeinsame Strategien und Prioritäten zur Anpassung an den Klimawandel auf lokaler und regionaler Ebene definiert und weiterentwickelt, und zwar über die Projektlaufzeit (Ende 2027) hinaus und finanziell möglichst unabhängig.

OroVerde: An welcher Stelle befinden sich gerade die Partnerorganisationen?  Und was sind ihre nächsten Schritte?

Johanna: Die Partnerorganisationen befinden sich zum Großteil in der Container-Building-Phase, bzw. legen gemeinsame Ziele fest. Sie fangen an, Strukturen aufzubauen und regelmäßig den MAP-Prozess weiterzubringen.

In der Zukunft werden dann Lern-Mechanismen erstellt, so dass man immer weiter auf gemachten Erfahrungen aufbauen kann und der Container auch dynamisch bleibt. Ein bis zwei Mal im Jahr wird dann evaluiert, ob der Prozess funktioniert. Oder, ob man was ändern muss, oder, ob es vielleicht neue wichtige Akteure gibt, die man miteinbeziehen muss.

Vielen Dank für das Gespräch.

Förderer des KlimaWald-Projekts

Dieses Projekt ist Teil der Internationalen Klimaschutzinitiative. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) unterstützt diese Initiative auf Basis einer Bundestagsentscheidung.

Fotonachweis: © Welthungerhilfe. Johanna Maass lebt seit knapp zwei Jahren in Haiti und arbeitet als KlimaWald-Projektmanagerin für die Welthungerhilfe.

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