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Kritische Stimmen zum Kompromiss

BUND Pressemitteilung, 12.11.10

Frankfurt/Cancun: Für Hubert Weiger, den Vorsitzenden des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), steht nach dem Weltklimagipfel von Cancun nicht Bolivien am Pranger, sondern angeprangert gehörten die Blockierer vor mehr Klimaschutz. Das Veto Boliviens gegen die schwachen Beschlüsse von Cancun finde die Unterstützung seiner Organisation, sagte Weiger in Frankfurt/Main. Für ihn sei die Stimme Boliviens gegen die Cancun-Vereinbarungen ein deutlicher Hinweis auf die Mängel in der internationalen Klimaschutzpolitik. In Cancun habe außerdem nicht nur die bolivianische Regierungsdelegation gegen die Gipfel-Beschlüsse protestiert. Zehntausende politisch Engagierte, einfache Bauern und Landlose seien parallel zum Klimagipfel für mehr Umwelt- und Klimaschutz und mehr Gerechtigkeit auf die Straße gegangen.

„Der bolivianische Präsident Evo Morales kritisiert die Schwäche der Cancuner Beschlüsse zu Recht. Mit den bisher vereinbarten Minderungszielen für CO2-Emissionen und der Einrichtung fragwürdiger Schlupflöcher wie den CO2-Zertifikatehandel lässt sich der Klimawandel nicht wirksam bekämpfen“, sagte Weiger. Die Erwärmung der Erdatmosphäre steuere weiter auf die Fünf-Grad-Marke zu. Daran ändere auch das Mantra der politisch Verantwortlichen aus fast allen Regierungen, sie wollten die Erwärmung auf zwei Grad Celsius begrenzen, nichts.

„Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel oder der USA-Präsident Barack Obama die Ergebnisse von Cancun über den grünen Klee loben, dann stellen sich zwei Fragen. Erstens, reicht der Cancun-Kompromiss? Und zweitens, was haben die beiden eigentlich in der letzten Zeit zum Klimaschutz beigetragen? Da fällt einem nicht viel ein“, sagte Weiger.

Es habe wenig Sinn, beim internationalen Klimaschutz weiter auf Blockiererstaaten wie die USA, Japan, Kanada, Australien und China zu warten. Zurückgewiesen werden müssten auch die Versuche von Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zur Aufweichung der Klimaschutzziele und zur Schaffung weiterer Schlupflöcher. Es sei dringend erforderlich, sämtliche Auslandsinvestitionen, die mit den Einnahmen aus dem internationalen CO2-Zertifikatehandel getätigt würden, stärker an Umweltkriterien zu binden. Auf keinen Fall dürften Atom- und Kohlekraftwerke oder der Bau von naturzerstörenden Riesen-Staudämmen mit Geldern aus diesem Handel gefördert werden.

 

 

Cancún ist ein Zeichen der Hoffnung – die Arbeit geht jetzt los

Von Michelle Bayona, Greenpeace-Online, 11.12.2010

Mit dem Abschlusspapier der Klimakonferenz in Cancún ist die Staatengemeinschaft dem 2011 geplanten Klimaschutzvertrag ein Stück näher gekommen. Um den Klimawandel einzudämmen, muss aber noch viel getan werden.

"Cancún hat bisher nur den Prozess zur Erarbeitung des Klimaschutzvertrags gerettet, aber noch nicht das Klima selber. Dieses Ergebnis ist besser als zeitweise befürchtet. Trotzdem – es ist erst der Anfang", sagt der Leiter der Internationalen Klimapolitik von Greenpeace, Martin Kaiser. Er hat die Konferenz vor Ort für Greenpeace begleitet.

Bis nächstes Jahr müssen die Staaten das entscheidende Klimaschutzprotokoll im Detail erarbeiten. Der ungezügelten Verschmutzung der Atmosphäre durch Mineralöl-, Kohle- und Holzindustrie seien mit dem Papier noch längst keine Grenzen gesetzt, so Kaiser.

Immerhin: Die Grundpfeiler für einen globalen Klimaschutzvertrag sind gelegt worden:

  • Einrichtung eines Klimaschutzfonds
  • Festlegung der Grenze der Erwärmung auf unter zwei Grad Celsius
  • Sicherung von Biodiversität
  • Sicherung der Rechte Indigener Völker

Europas Auftritt: schwach!

Europa hat beim Weltklimagipfel ein denkbar schlechtes Bild abgegeben: "Die EU war wenig ambitioniert. Kein mutiges Reduktionsziel und Uneinigkeit in wichtigen Beschlüssen", berichtet Kaiser. Ob die EU bewusst an der eigenen Bedeutungslosigkeit in der Klimafrage arbeitet? Die Europäische Kommission und Großbritannien selbst hatten lange gegen die EU-Position zur Einrichtung des Klimaschutzfonds gearbeitet. "Wenn man nun bedenkt, dass auch die USA, Russland und Japan gebremst haben, ist das Papier in Cancún wirklich das Maximum, was man aus dieser Staatengemeinschaft herausholen konnte. Zu verdanken ist das allein der mexikanischen Präsidentschaft sowie den am meisten von den Folgen des Klimawandels betroffenen Ländern." Greenpeace fordert von der EU, sich Anfang 2011 endlich darauf zu einigen, die Treibhausgase bis 2020 um 30 Prozent zu senken, wie es der Weltklimarat fordert.

Glanzloser Auftritt von Deutschland

Auch Deutschland hat sich bei den Verhandlungen kaum positiv hervorgetan: "Die Rede von Umweltminister Norbert Röttgen war unengagiert. Bei EU-Verhandlungen wie z.B. bei Verkehrs- und Energiepolitik bremst Deutschland Klimaschutz aus. Und den Beschluss der Regierung, 100 Prozent der Versteigerungserlöse in den Klimaschutz zu investieren, hat Röttgen auch nicht in den Verhandlungen verankern können", berichtet Kaiser aus Cancún. National blockiert die deutsche Regierung durch die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke den Ausbau erneuerbarer Energien.

Botschaft an Frau Merkel

Es liegt jetzt an den Staaten, aus dem Hoffnungsschimmer in Cancún ein wirkungsvolles Klimaschutzabkommen zu formen. Greenpeace fordert Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, diese Chance zu ergreifen. "Wir erwarten von Frau Merkel, für eine klimafreundliche Zukunft für uns und unserer Kinder zu kämpfen", betont Kaiser.

 

 

NABU: Weltklimakonferenz in Cancún schrammt am Eklat vorbei

Tschimpke: Positive Signale, aber Klimakrise lässt sich nicht aussitzen

NABU Pressemitteilung, 11.12.10

Die Weltklimakonferenz in Mexiko schrammte knapp an einem Eklat vorbei, als die mühsam ausgehandelten Kompromisse trotz der Ablehnung Boliviens beschlossen wurden. In den Abschlussdokumenten wiederholen die Staaten lediglich ihre bisher angekündigten Klimaschutzbeiträge, ohne sich im notwendigen Umfang zu deren Umsetzung zu verpflichten. „Zwar hat die Weltgemeinschaft das Trauma von Kopenhagen von vor einem Jahr überwunden, doch die Beschlüsse von Cancún sind kein Grund, um in übertriebene Euphorie zu verfallen. Wir wissen dank den Bremsern aus den USA, Japan und Russland auch nach Cancún nicht, ob und wie das Kyoto-Protokoll nach 2012 fortgeführt und durch andere rechtliche Instrumente ergänzt werden soll“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Am Ende der Konferenz verständigten sich die 194 Staaten der UN-Klimarahmenkonvention darauf, dass die Verhandlungen über verbindliche Regeln im internationalen Klimaschutz fortgesetzt werden sollen.

Der NABU wirft den Ministern und Verhandlern trotz allem Bemühen um Flexibilität `business as usual´ vor. Derzeit seien die Industrieländer nicht bereit, ihre eigenen Klimaschutzziele zu überprüfen und ausreichend zu verschärfen. „Außer den kleinen Inselstaaten gibt es derzeit kaum Kräfte, die die Klimaverhandlungen wirklich vorwärts treiben. Auch Deutschland und die Europäische Union haben sich in Cancún zu wenig engagiert, um zum Beispiel die riesigen Schlupflöcher im Emissionshandel unter dem Kyoto-Protokoll zu schließen“, so Tschimpke. Künftig müssten auch die klimaschädlichen Emissionen aus der Land- und Forstwirtschaft sauber erfasst und konsequent reduziert werden. Nachdem viele Schwellenländer bereits umfassende Klimaschutz-Programme vorgelegt haben, sei beim nächsten Frühjahrsgipfel der EU-Staats- und Regierungschefs der Beschluss überfällig, den europäischen Treibhausgas-Ausstoß um mindestens 30 Prozent bis 2020 zu senken.

Die Entscheidungen in Cancún zur Einrichtung eines neuen Klimafonds, zum Erhalt der Wälder in Entwicklungsländern sowie zur Ausweitung der technologischen Zusammenarbeit und Unterstützung bei der Anpassung an den Klimawandel stellen aus NABU-Sicht wichtige Fortschritte dar. Sie könnten aber nicht über das schwache Gesamtergebnis der Verhandlungen hinwegtäuschen. „Bis zur nächsten UN-Klimakonferenz in Südafrika Ende 2011 brauchen wir Klarheit, wie groß die Lücke zwischen den bisher zugesagten Emissionsminderungen und dem angestrebten Zwei-Grad-Ziel ist und wie sie geschlossen werden soll. Die Klimakrise lässt sich nicht aussitzen, indem wir weiter die Notwendigkeit zusätzlicher Anstrengungen im Klimaschutz ignorieren“, so der NABU-Präsident.

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