In den immergrünen tropischen Tieflandregenwäldern findet man eine Vielfalt an Tieren und Pflanzen wie sonst kaum irgendwo auf der Erde. Die verschiedenen Etagen des Regenwaldes (auch Stockwerke genannt) sind in ihrer Beschaffenheit ebenso vielfältig wie in den Tierarten, die dort leben und um einiges größer, als wir es von unseren heimischen Wäldern gewohnt sind.
Jedes Stockwerk des Regenwaldes hat Einfluss auf die anderen Stockwerke, und jede Tier- und Pflanzenart hat sich optimal an ihr Umfeld angepasst. Das Ganze ähnelt einem Hochhaus mit verschiedenen Etagen und Bewohnern: die fünf Stockwerke des Regenwaldes. Der Stockwerkbau gilt schon lange als eines der Charakteristika des tropischen Regenwaldes. Allerdings variiert die Anzahl der Stockwerke - je nachdem, welche Einteilung verwendet wird. Zudem lässt sich vor Ort mit bloßem Auge meist keine klare Unterteilung erkennen und alles geht fließend ineinander über. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass in den verschiedenen Höhen der Bäume und Sträucher ganz unterschiedliche Tiere leben.
- In das unterste Stockwerk, der Krautschicht, dringt nur 1 % des Sonnenlichtes von oben durch. Deswegen haben viele der Pflanzen riesige Blätter entwickelt, um möglichst viel des zur Fotosynthese notwendigen Lichts aufnehmen zu können.
- In der Strauchschicht, der 2. Ebene des tropischen Regenwalds, wachsen die Pflanzen gar nicht so dicht, wie man es sich beim Wort Dschungel vorstellt.
- In der unteren Baumschicht wachsen Baumfarne und Palmen besonders gut.
- Im Kronendach, dem 4. Stockwerk, leben die meisten Tiere des Regenwaldes.
- Der bislang höchste Baum der Tropen wurde auf Borneo entdeckt und misst 89,5 m. Das ist fast so hoch wie die Freiheitsstatue in New York und entspricht etwa 22 Stockwerken eines Hochhauses.
Alle fünf Meter findet man unterschiedliche Lebensgemeinschaften." Gehen Sie mit uns auf eine Reise durch die verschiedenen Stockwerke des Regenwaldes.
Wie ist der Regenwald aufgebaut?
Wenn man sich den Aufbau des Regenwaldes ansieht, gehen Theorie und Praxis etwas auseinander. Der Stockwerkbau wird in vielen Lehrbüchern erklärt und als eines der Merkmale tropischer Regenwälder dargestellt. Sind die OroVerde-Mitarbeiter*innen in der Praxis vor Ort unterwegs, ist es jedoch nicht immer leicht, genau diese verschiedenen Stockwerke im jeweiligen Regenwald zu erkennen und voneinander zu unterscheiden. Klar ist: Die tropischen Regenwälder dieser Erde bieten viele Nischen für unterschiedliche Tier- und Pflanzenarten. Selbst eine einzige Bromelie auf einem Ast des Urwaldriesen kann ein eigenes kleines Biotop für eine Reihe an Tierarten darstellen.
Wer bewohnt das 1. Regenwald-Stockwerk, die Boden- und Krautschicht?
Das unterste Stockwerk des Regenwaldes geht bis etwa einen Meter über dem Boden. Hier unten herrscht bei recht konstanten 20-25º C und einer Luftfeuchtigkeit von 90-100 % ein humides Klima, in dem viele Moose und Farne gut gedeihen. Es entsteht oft Staunässe. Außerdem findet man hier auch häufiger holzzersetzende Pilze sowie Wurzelparasiten (z. B. die bekannte Rafflesie aus Südostasien). Da nur noch 1% des Sonnenlichtes von oben durchdringt, haben viele der Pflanzen riesige Blätter entwickelt, um das wenige Licht zur Photosynthese aufnehmen zu können. In der untersten Schicht findet man auch die Basis der sogenannten Brettwurzeln, die die Baumriesen mit ihrer großen, flügelähnlichen Fläche stützen. Sie sind typisch für die hohen Bäume der Tropen- und Regenwälder. Neben ihren Pflanzen beherbergt die Schicht viele Kleinstlebewesen und Insekten, die sich von abgestorbenen Blättern und toten Bäumen ernähren. Auch der Hüttengärtner, ein Laubenvogel aus Neuguinea, nutzt den Waldboden, um dort Weibchen mit ihren aufwendig dekorierten Nestern zu beeindrucken. Neben den Kleinen sind hier auch Große anzutreffen: Jaguare, Sumatra Tiger, Tapire, Pekaris, Nagetiere, Gürteltiere, Termiten, Asseln, Vogelspinnen sowie flugunfähige Vögel wie Kasuare und bewegen sich im untersten Stockwerk.
Welche Tiere findet man im 2. Regenwald-Stockwerk (Strauchschicht)?
Wir sind bei einer Höhe von ein bis acht Meter angelangt. Unter dem dichten Blätterdach der höheren Stockwerke ist es sehr düster: Es herrscht Lichtmangel. Diese Bedingungen sorgen für eine weniger üppige Vegetation als in den höheren Schichten des Regenwaldes. Licht ist der wichtigste Mangelfaktor im Unterwuchs. In erster Linie wachsen hier Sträucher mit großen Blättern, kleine Palmenarten, Schraubenbäume und Büsche. In tropischen Tieflandregenwäldern stehen sie allerdings meist so licht, dass man sich ohne Probleme frei bewegen kann. Bei den hier herrschenden circa 25º C und der hohen Luftfeuchtigkeit fühlen sich viele Insekten und Schlangen wohl. Eine von ihnen ist der Grüne Baumpython, dessen Jungtiere man hier zusammengerollt auf einem Ast ruhend finden kann. Außerdem kann man in dieser Schicht Blattschneideameisen sowie weiter oben im Stockwerk auch Ameisenbären finden. Zudem fühlen sich hier manche Kolibriarten, Ameisenvögel und Stabheuschrecken sowie Zikaden wohl.
Wie sieht die untere Baumschicht (das 3. Stockwerk des Regenwaldes) aus?
Je weiter es hinauf geht, desto heller wird es. Wir befinden uns jetzt auf etwa 8 bis 20 Meter Höhe. Bei Temperaturen von 25 bis 30º C und einer niedrigeren Luftfeuchtigkeit als in den unteren beiden Stockwerken, finden kleinere Baumarten wie Gummibaum und Kakao, aber auch junge Pflanzen, im Schatten der größeren Bäume, Schutz vor der Hitze. Um unterhalb des Kronendaches das wenig vorhandene Licht optimal auszunutzen, bilden die Bäume daher schmale Kronen mit spindel- oder kegelförmiger Form aus, die die engen Lichtschneisen optimal ausnutzen können. Dadurch ist der Bewuchs nicht so dicht, wie in der Schicht des Kronendachs. Neben Bäumen mit auffälligen Blüten und Samen mit Fruchtfleisch findet man vor allem Palmen und Baumfarne in der unteren Baumschicht. Hier leben unter anderem Nasenbären, Kolibris, Schmetterlinge und Pfeilgiftfrösche.
Neues aus dem Regenwald
Wer wohnt im 4. Stockwerk (Kronendach) des Regenwaldes?
In dieser Etage des Regenwaldes, die zwischen 25 und 40 Meter hoch wird, kann eine Hitze von 30-35º C herrschen. Zudem gibt es eine konstantere Luftfeuchtigkeit von 80-90 %. Die Schicht des Kronendachs ist sehr dicht, hier grenzt Baumkrone an Baumkrone. Im Kronendach leben die meisten Tiere des Regenwaldes. Faultiere, Tamarine, Fledermäuse, Baumschlangen, Trogone, Tukane, Iguanas, viele Affenarten wie beispielsweise Brüllaffen, Orang-Utans, Wollaffen, Gibbons, Baumsteigerfrösche, Papageien, blätterfressende Insekten und noch viele mehr sind hier zu Hause. Übrigens: Brüllaffen können sich so lautstark bemerkbar machen, dass sie leicht eine Lautstärke von 90 Dezibel erreichen können. Da das Kronendach nur schwer zugänglich ist, ist es weniger erforscht als der Rest des Waldes. Der Tropenökologe Gerhard Gottsberger schätzte in einem Interview mit dem SPIEGEL sogar, dass die Baumkronen, neben der Tiefsee, die am wenigsten erforschten Lebensräume der Erde sind.
Das 5. und oberste Stockwerk: Die Urwaldriesen unter sich?
Urwald- oder Baumriesen, Überständer oder Emergenten – die höchsten Bäume der tropischen Regenwälder haben viele Bezeichnungen. Sie überragen das Kronendach und erreichen eine Höhe von bis zu 65 oder sogar 80 Meter – das ist höher als die Berliner Siegessäule. Der wahrscheinlich größte Baum, der bisher in den Tropen entdeckt wurde, misst sogar 89,5 Meter. Er zählt zur Art der Gelber Meranti und wurde auf Borneo gefunden. Würde man etwa 20 britische Doppeldeckerbusse übereinander stapeln, käme man auf diese Höhe. Um so groß zu werden wie dieser Baumriese, braucht es seine Zeit: Die Giganten können einige hundert Jahre alt sein. Paranussbäume z. B. können über 300 Jahre alt werden. Aufgrund ihrer enormen Größe haben einige der Bäume sogenannte Brettwurzeln, die sie stützen.
Unterschiedlichste Tierarten leben in diesem Stockwerk: vor allem Vögel wie Tukane, Aras, Adler und manche Kolibriarten, aber auch kleine Baumsteigerfrösche und Schmetterlinge wie der Morpho-Falter. Zudem siedeln sich hier faszinierende Pflanzenarten an: Sogenannte Aufsitzerpflanzen wie beispielsweise einige Orchideen- und Bromelienarten versorgen sich über Luftwurzeln mit allem, was sie benötigen.
Überständer sind besonders typisch für immergrüne Tieflandregenwälder in den Tropen. Je nach Region gibt es unterschiedliche Arten: In Südamerika sind der Paranuss- und der Kapokbaum typische Emergenten und auf Borneo beispielsweise sind es Meranti-Bäume.
Anpassungen an besonderes Mikroklima
Über den Dächern der Regenwälder herrscht ein heißes Klima mit Temperaturen von etwa 35º C, da es keinen Schatten gibt. Außerdem gibt es Schwankungen in der Luftfeuchtigkeit, die hier zwischen 70 und 100 % betragen kann. Die große Hitze und die starken Schwankungen machen diesen Lebensraum so besonders und unterscheiden ihn von den anderen Stockwerken. Im Gegensatz zu den unteren Stockwerken sind die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit vor allem im Tagesverlauf nicht konstant. Zur Mittagszeit, bei höchster Sonneneinstrahlung, ist die Temperatur am höchsten und die relative Luftfeuchtigkeit am geringsten. Wie stark die Schwankungen sind, hängt von vielen Faktoren ab: von der Baumart, der geografischen Lage, dem Wetter und sogar vom Bewuchs rund um den Baumriesen. Die Kronen der Überständer sind oft groß und überragen einiges. Einige dieser Bäume haben kleinere Blätter mit Verdunstungsschutz. Die Pollen- und Samenverbreitung geschieht häufig über den Wind.
Die Bewohner des Regenwaldes
Setzen Sie Ihre Expedition fort

Wie sehen Regenwälder aus? Warum werden sie zerstört? Und wie können wir sie schützen?

6 Wege, wie Tropenwälder geschützt werden können.
Wir helfen Ihnen gerne weiter!

OroVerde - Die Tropenwaldstiftung
Telefon: 0228 24290-0
E-Mail: info[at]oroverde[dot]de
Fotonachweis: Konrad Wothe (Blattschneidearmeise, Ameisenbär, Tukan), Özi's Comix Studio (Illustration Stockwerkbau, 1. Stockwerk), OroVerde - Elke Mannigel (2. Stockwerk), Kristina Osen (3. Stockwerk), Anna Hömberg (4. Stockwerk), OroVerde (5. Stockwerk, Nasenbär), Elke Mannigel (Brüllaffe), Jessica B. Heiler (Spinne)