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Derzeit werden in der EU und in Deutschland mehrere Gesetze zu unternehmerischer Sorgfaltspflicht in den eigenen Lieferketten diskutiert, verabschiedet und zum Teil schon umgesetzt. Gemeint sind das deutsche Lieferkettengesetz, die europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) und das europäische Gesetz zu entwaldungsfreien Lieferketten, die sogenannte Entwaldungsverordnung.

Was ist eigentlich eine Lieferkette?

Wenn wir über Gesetze zu Lieferketten reden, müssen wir zuerst klären, was wir unter einer Lieferkette verstehen. Eine Lieferkette, oder auch Wertschöpfungskette, bezeichnet den Prozess von der Gewinnung eines Rohstoffes bis hin zum finalen Produkt – fertig für unseren Konsum. Einige Lieferketten beginnen in den Tropen und enden in deutschen Supermärkten und letztendlich bei uns. So spielen Gesetze – insbesondere solche, die den Anfang einer Lieferkette in den Fokus nehmen – eine wichtige Rolle beim Schutz der Tropenwälder.

Warum braucht es Gesetze zu Lieferketten?

Gesetze, die die Lieferketten bestimmter Produkte in den Fokus nehmen, schaffen einen rechtlichen Rahmen dafür, dass diese Produkte möglichst entlang der gesamten Wertschöpfungskette frei von Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden hergestellt werden.

Schon bei einer einfachen Lieferkette, welche die Weiterverarbeitung von genau einem Rohstoff umfasst (zum Beispiel Kaffee), ist es in der globalisierten Wirtschaft für die Endkund*innen oft nicht möglich zu erfahren, wer den Kaffee unter welchen sozialen und ökologischen Bedingungen angebaut hat. Wurden z.B. Kinder als Arbeitskräfte eingesetzt? War die Bezahlung fair oder fiel sie zu niedrig aus, um den Arbeitskräften und deren Familien ein Einkommen zu ermöglichen? Oft ist die Produktion bzw. die Gewinnung der Rohstoffe auch mit Risiken für die Umwelt verbunden. Wurde z.B. Wald gerodet, um Platz für den Anbau zu schaffen? Oder wurden Mensch und Umwelt giftigen Pestiziden ausgesetzt? 

Immer mehr Menschen ist es aber wichtig, ihren Konsum so zu gestalten, dass er im Einklang mit Umweltschutz und sozialen Auswirkungen steht. Bio und regional etwa ist die Devise bei Lebensmitteln. Bei Konsumgütern orientieren sich viele Menschen zudem an Siegeln, um möglichst gute Kaufentscheidungen zu treffen. Doch die Fragen, mit denen man sich als kritische Konsument*innen befassen muss, sind häufig sehr komplex und erfordern viel Zeit zur Auseinandersetzung. Zudem ist nur ein Bruchteil der Angebote im Supermarkt fair und bio. Das würde im Umkehrschluss bedeuten: Die anderen Produkte sind unfair und alles andere als ökologisch. Aber auch das ist so nicht richtig. Denn es gibt oftmals keine Regelung dafür, unter welchen Bedingungen ein Produkt hergestellt werden sollte und welche Produkte in Deutschland und Europa verkauft werden dürfen. Die Politik muss diese Verantwortungslücke schließen, die Konsument*innen entlasten und auch die Unternehmen ins Boot holen. Diese sind als ein Teil des Problems nämlich auch Teil der Lösung.

Warum mehrere Gesetze, die Lieferketten betrachten?

Vorab: Sowohl Verordnungen als auch Richtlinien, die auf EU-Ebene verabschiedet werden, sind Gesetze. Der wichtige Unterschied ist, dass Verordnungen für alle EU-Mitgliedstaaten gleichermaßen gelten, bei Richtlinien werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, die beschlossenen Inhalte innerhalb einer Frist in nationales Recht umzusetzen.

In unterschiedlichen Gesetzgebungsprozessen werden solche Rahmen zurzeit verhandelt. Diese können regional ausgerichtet sein (für etwa Deutschland gelten oder die EU). Aber sie können auch auf bestimmte Erzeugnisse ausgelegt sein, wie zum Beispiel bei Produkten, die mit Entwaldung in Verbindung stehen. Da es oft um juristische Feinheiten im Spannungsfeld mit Wirtschaftsinteressen geht, sind verschieden Initiativen nötig. In ihrer Gesamtheit führen sie aber zu mehr Schutz von Mensch und Umwelt.
Diese „Lieferkettengesetze“ entstehen in Deutschland, Europa und weltweit. Aber auch Regulierungen der Finanz- und Versicherungsbranche sollen sich positiv auf die Entwicklung der Klima- und Biodiversitätskrise und den Schutz der Menschenrechte auswirken. So soll die so genannte EU-Taxonomie definieren, was unter nachhaltigem Wirtschaften zu verstehen ist.

Die europäische Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten

Nach jahrelanger Arbeit von Politiker*innen, politischen Gruppen, und nicht zuletzt durch eine der erfolgreichsten europaweiten Petitionen, die es je gab, wurde im November 2021 von der EU-Kommission ein Gesetzesentwurf zu entwaldungsfreien Lieferketten vorgelegt. 
Am 5. Dezember 2022 einigten sich EU-Kommission, Minister*innenrat und das europäische Parlament auf einen finalen Gesetzesentwurf. Über diesen Text haben Rat als auch das Parlament offiziell positiv abgestimmt, so dass das Gesetz Ende Juni 2023 in Kraft getreten ist. Große Unternehmen müssen daher die Anforderungen spätestens ab Dezember 2024 umsetzen, kleine Unternehmen haben noch weitere sechs Monate Zeit. Bereits nach einem Jahr soll eine Revision über wichtige Punkte stattfinden. Eine große Chance, um ein wichtiges neues Gesetz noch besser zu machen.

Warum ist die Verordnungzu entwaldungsfreien Lieferketten gut für den Tropenwald?

Wie der Name bereits andeutet: Dieses Gesetz ist das Einzige, das ganz gezielt Entwaldung in Lieferketten adressiert. Der Schutz von als Wälder definierten Gebieten wäre also so stark wie in keinem anderen Gesetz. Aber auch hier gibt es leider Lücken. Savannen und Feuchtgebiete gelten nicht als Wald, weshalb unter anderem der Cerrado in Brasilien – der für den Anbau von Soja immer weiter gerodet wird – nicht mit inbegriffen wäre. Auch sollen bestimmte Rohstoffe, die aber in Verbindung mit Entwaldung stehen, ausgenommen werden. So etwa Mais. 

Was Sie jetzt tun können?

Unterstützen Sie OroVerde und ein weites Netz aus europäischen Nicht-Regierungs-Organisationen dabei, für ein starkes Gesetz zu mobilisieren. Teilen Sie Beiträge auf den sozialen Medien, die auf die Lückenhaftigkeit des Gesetzes hinweisen. Bereits nach einem Jahr nach Inkrafttreten ist eine Revision des Gesetzes vorgesehen. Bleiben Sie mit uns dran, wenn es soweit ist: Gemeinsam können wir es schaffen, das Gesetz nachzuschärfen.

elan! Entwaldungsfreie Lieferketten - Aktiv für mehr Nachhaltigkeit

Sie sind Unternehmer und wollen Ihre Lieferkette(n) auf Entwaldungsfreiheit umstellen?  Mit Hilfe des elan! Portals können Sie Ihr Commitment in konkrete Aktivitäten umsetzen und tragen so zum Klima- und Biodiversitätsschutz bei.

 

Lieferkettengesetz Deutschland

In Deutschland wurde nach langem Ringen und unter großem Engagement eines breiten zivilgesellschaftlichen Bündnisses 2021 das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten, besser bekannt als “das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“, verabschiedet. Es ist das erste Gesetz in Deutschland, dass die unternehmerische Sorgfaltspflicht als solche benennt. Das Gesetz wird als wichtiger Schritt zu mehr Unternehmensverantwortung gewertet. Besonders die Zivilgesellschaft macht aber auf große Lücken aufmerksam. So greift das Gesetz etwa erst ab einer bestimmten Unternehmensgröße, umfasst keine zivilrechtliche Haftung und besonders der Umweltschutz kommt zu kurz.

Warum ist das deutsche Lieferkettengesetz gut für den Tropenwald?

Das Gesetz markiert einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu Unternehmensverantwortung, auch in Bezug auf die Umwelt. 
ABER: Im Gesetz werden keine umweltbezogenen Sorgfaltspflichten benannt. Das Wort Entwaldung sucht man vergebens. Auch finden weder Biodiversitätsverlust noch Klima als Themen Einzug in das neue Gesetz. Fazit: Für umfassenden Natur- und damit auch Regenwaldschutz müsste das Gesetz nachgebessert werden.

EU-Lieferkettenrichtlinie

Schon während des Prozesses um das deutsche Lieferkettengesetz sprachen sich viele Unternehmen für eine europäische Lösung aus. Ihr Argument: In einer globalisierten Wirtschaft verzerrt ein nationales Lieferkettengesetz nur den Wettbewerb. Auch OroVerde würde ein europäisches Lieferkettengesetz begrüßen. Schließlich würden sich direkt 27 Länder zu mehr Unternehmensverantwortung bekennen. Gleichzeitig wäre das Argument der Wettbewerbsverzerrung im EU-Binnenmarkt entkräftet. Am 23.02.2022 hat die Kommission – nach mehrfachem Verschieben – endlich einen Entwurf für die sogenannte Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) veröffentlicht, sprich eine EU-Lieferkettenrichtlinie. Der Minister*innenrat legte seine Position am 01.12.2022 vor, das EU-Parlament stimmte am 01.06.2023 ab. Doch es gibt viel Widerstand, sowohl auf Länderebene als auch unter den Abgeordneten. Gerade Deutschland stellt sich hier quer. Die finalen Verhandlungen, der sogenannte Trilog, wird spannend und braucht unsere Unterstützung.

 

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