Wälder sind komplexe Lebensräume, die nicht nur Naturfreund*innen ins Schwärmen bringen, sie liefern auch wichtige Ressourcen für einen großen Teil der Weltbevölkerung. Wenn diese komplexen Ökosysteme verloren gehen, wie kann man sie dann langfristig wiederherstellen? Leider reicht alleine das Pflanzen von Bäumen nicht aus. Doch die gute Nachricht ist: Waldwiederaufbau kann vielversprechende Fortschritte erzielen, wenn er auf einem lokal angepassten Strategieplan aufbaut, der auch die Bedürfnisse der Menschen vor Ort berücksichtigt. Welche Aspekte muss ein solcher Plan zum Waldwiederaufbau beinhalten, damit aus Brachland wieder Wald entstehen kann?
Blau schimmert der vulkanische Amatitlán-See, umgeben von Hügeln und Ortschaften . Der See mit dem angrenzenden Nationalpark „Naciones Unidas“ ist ein wichtiges Naherholungsgebiet vor den Toren der Hauptstadt Guatemalas. Obendrein ist der See ein wichtiges Wasser-Reservoir für die Stadtbevölkerung und die Industrie im Ballungsraum der stetig wachsenden Hauptstadt. Das Wachstum der Hauptstadt birgt allerdings viele Herausforderungen, denn sowohl die ansässigen Unternehmen als auch die Bevölkerung verlangen nach Land und Infrastruktur, Waren und Dienstleistungen: Das Meer aus Häusern und Straßen wird immer größer und die Grünflächen werden immer kleiner.
Die Entwaldung und Degradierung der Landschaft im Wassereinzugsgebiet des Amatitlán-Sees ist kritisch, denn sie hat weitreichende Folgen für den lokalen Wasserkreislauf, reduziert die biologische Vielfalt und erhöht das Risiko für die Bevölkerung durch Erdrutsche, Überschwemmungen und Feuer geschädigt zu werden. Es besteht kein Zweifel: Die degradierten Waldlandschaften müssen wiederhergestellt werden, denn sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel und zur Verringerung des Verlusts der biologischen Vielfalt. Zudem tragen intakte Waldlandschaften dazu bei, dass die Bevölkerung langfristig in einer sicheren und stabilen Umgebung leben kann und weniger Umweltproblemen ausgesetzt ist. Aus diesem Grund hat sich OroVerde mit der Stiftung Defensores de la Naturaleza, und der Indigenen Vereinigung Sotz’il zusammengetan, um im Rahmen des neuen Waldwiederaufbau-Projekts die ökologische Wiederherstellung der Waldlandschaften rund um den Amatitlán-See zu fördern.



Erfahrungsaustausch als Schlüssel zum Erfolg
Nach vielen gemeinsamen Besprechungen am Bildschirm konnten zwei unserer OroVerde-Kolleginnen endlich die Projektregion besuchen, um sich persönlich mit dem Projektteam der Partnerorganisationen Defensores de la Naturaleza und Sotz’il zu treffen. Das engagierte Projektteam führte Elke Mannigel und Kristina Osen durch frisch angelegte Baumschulen und erste Demonstrationsflächen. Gleichzeitig machte das Projektteam deutlich, dass die ökologische Wiederherstellung der verlorengegangenen Waldlandschaften im Wassereinzugsgebiet des Amatitlán-Sees keine neue Idee ist. Im Gegenteil: Viele Akteure rund um den See haben die Dringlichkeit längst erkannt und setzen Maßnahmen zum Waldwiederaufbau um. Woran es bisher mangelt, ist ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch zwischen den Akteuren. Darum setzt hier das neue Projekt an und stärkt die gezielte Vernetzung zwischen den Akteuren, um die vorhandenen Kräfte zu bündeln, Wissenslücken gemeinsam zu identifizieren und zu schließen. Gemeinsam soll geklärt werden: Wie und wo sollen die Maßnahmen zur Wiederbewaldung starten, welche Baumarten eignen sich und wie müssen die jungen Bäume ausgepflanzt und gepflegt werden, damit sich Wälder entwickeln können? Wie kann sich die Bevölkerung bestmöglich an der Planung und Umsetzung der Maßnahmen beteiligen, damit sichergestellt wird, dass der Waldwiederaufbau zur Verbesserung ihrer Lebensbedingungen und Erschließung alternativer Einkommensquellen beiträgt? Es gibt noch viel zu lernen!



Von der Theorie zur Praxis
In den kommen Wochen, Monaten und Jahren wird das Projektteam viele Planungstreffen organisieren, Praxiserfahrungen sammeln, Netzwerke knüpfen sowie Workshops und Gespräche führen. Durch den Erfahrungsaustausch und die enge Zusammenarbeit werden die relevanten Akteure in den kommenden drei Jahren gemeinsam einen 10-Jahres Strategieplan für den Waldwiederaufbau im Wassereinzugsgebiet entwickeln, der anschließend als „Werkzeugkoffer“ für einen nachhaltigen, kommunalen Waldwiederaufbau dienen kann. Anschließend werden gezielte Schulungen und Feldbesuche durchgeführt, um die Anwendung des „Werkzeugkoffers“ und das Wissen zum Thema Waldaufbau möglichst breit zu streuen. Zusätzlich kommt der Strategieplan auf Demonstrationsflächen im Nationalpark Naciones Unidas sowie in drei Kommunen im Wassereinzugsgebiet direkt zur Anwendung.
Der Besuch unseres OroVerde-Teams hat gezeigt: Die Dringlichkeit ist groß, die verlorengegangenen Waldlandschaften rund um den Amatitlán-See wiederherzustellen! Dieses Vorhaben birgt viele Herausforderungen doch unsere motivierten und erfahrenen Partner vor Ort bringen vollen Einsatz, um ihre Kompetenzen zu bündeln und den Schulterschluss mit möglichst vielen Akteuren vor Ort zu suchen. So können gemeinsam effiziente Strategien entwickelt werden, die langfristig zur Anpassung an den Klimawandel und Verringerung des Verlusts der biologischen Vielfalt beitragen und gleichzeitig bessere Lebensbedingungen für die Bevölkerung in der Region schaffen.