Gutes braucht Zeit, um zu wachsen. Das gilt nicht nur für Freundschaften, Gemüse und Obst im Garten oder- wie im Falle vieler unserer Projekte- einen Baum auf einer degradierten Fläche, sondern auch für Organisationen wie die Kaffee- und Kakao-Vereinigungen in unserem Vermarktungsprojekt in der Dominikanischen Republik. Es braucht Zeit, Organisationsstrukturen zu entwickeln und eine gemeinsame Verwaltung als Gruppe aufzubauen, zusammenzuwachsen und voneinander zu lernen. Da OroVerde bereits seit sieben Jahren die Arbeit unserer dominikanischen Partnerorganisation Centro Naturaleza in den Gemeinden des Projektes unterstützt, lässt sich hier beobachten, wie Gemeinde-Organisationen wachsen und sich individuell entwickeln.
Die Arbeit der letzten Jahre ist zunächst natürlich auf den Flächen zu sehen, wo Kaffee oder Kakao im Schatten hoher Bäume in biodiversen Agroforstsystemen heranwächst und reift. Eine andere Veränderung, ebenso langsam wie das Wachstum der Bäume, doch subtiler und nicht auf den ersten Blick zu erkennen, hat jedoch in den Gemeinden selbst stattgefunden. Auch die Produzent*innen der Kaffee-Vereinigung bestätigen, dass sich etwas in den letzten Jahren verändert hat. Man würde mehr zusammenarbeiten, sagen sie, weniger jede*r allein auf seiner oder ihrer Fläche, sondern gemeinsam als Gruppe. Das ist in erster Linie auf die Arbeitsweise von Centro Naturaleza zurückzuführen, die bereits seit Jahrzehnten in den ländlichen Gemeinden tätig ist. Ihr Ansatz besteht darin, dass das technische Personal der Organisation eng mit den Gemeindemitgliedern zusammenarbeitet, sie nicht nur fachlich berät, sondern über einen langen Zeitraum begleitet. Die Arbeit im Feld findet dabei immer als Gruppe statt und rotiert zwischen den Parzellen. An einem Tag arbeiten alle gemeinsam auf der Fläche eines Mitglieds, am nächsten Tag auf der eines anderen. Wer nicht kommen und arbeiten kann, schickt und bezahlt eine andere Person. So werden nicht nur schwächere Produzent*innen, die die Arbeit nicht allein erledigen könnten, unterstützt und integriert, sondern gleichzeitig das Gemeinschaftsgefühl gestärkt und das Gelernte wiederholt und gefestigt. Das Personal von Centro Naturaleza ist ebenfalls Teil dieser gemeinsamen Arbeitsaktionen und packt mit an, hält sich ab irgendwann aber vermehrt im Hintergrund. Das bietet ihnen die Möglichkeit, die Umsetzung im Feld fortwährend zu beobachten und direkt Empfehlungen und Verbesserungsvorschläge zu geben. Dieses Rotationsprinzip hat bereits merklich die Zusammenarbeit und Interaktion in den Gemeinden beeinflusst und verbessert.
Ein Hauptziel der Vereinigungen besteht in der gemeinsamen Verarbeitung und Vermarktung der Produkte, die sie in biodiversen Agroforstsystemen anbauen. Durch den Zusammenschluss erhalten sie größere Erntemengen, was die Anschaffung von Verarbeitungsanlagen erleichtert und ihre Verhandlungsposition auf dem Markt stärkt. So versucht man nach und nach unabhängig zu werden von den lokalen Zwischenhändlern, die von Gemeinde zu Gemeinde fahren und die Produkte zu niedrigem Preis aufkaufen, und einen besseren Preis zu erzielen- ganz nach dem Prinzip: Gemeinsam sind wir stärker!
Das Gefühl des Zusammenhalts spürt man auch deutlich in der Frauengruppe der Gemeinde Montazo, die aus dem Kakao der umliegenden Agroforstsysteme eine Schokoladen-Rohmasse herstellen und vermarkten. Da die Gemeinde sehr ländlich in den Bergen und einige Stunden von der nächsten größeren Stadt entfernt liegt, stellt die Vermarktung der Roh-Schokolade eine große Herausforderung dar. Doch davon lassen sich die fünf Frauen nicht aufhalten. Sie sind überzeugt von ihrem Produkt und jede*r, der/die von der gewürzten heißen Schokolade, die sie aus dem Kakao herstellen, kosten darf, ebenfalls. So beginnen sie derzeit selbst über soziale Medien für die Roh-Schokolade Werbung zu machen und diese zu verkaufen. Sie selbst sagen, ihr kleines Unternehmen sei wie ein Kind, das sie haben wachsen sehen und nun wackelig zu laufen beginnt. Wir freuen uns also mit ihnen auf die nächsten Schritte.
- Hier erfahren Sie die Hintergründe zum Vermarktungsprojekt in der Dominikanischen Republik.
- Wie der aktuelle Stand der Projektätigkeit ist, erfahren Sie in unserem Fortschrittsbericht: Neuigkeiten aus der Dominikanischen Rebuplik 2022.