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OroVerde-Bilanz zur Biodiverstiätskonferenz in Bonn

Vom 19.5. bis 30.5.2008 kamen in Bonn rund 7.000 Vertreter von 191 Ländern im Rahmen der 9ten Vertragsstaatenkonferen - COP 9 (Conference of Parties) zusammen, um gemeinsam den rapiden Verlust der biologischen Vielfalt zu bremsen. In den offiziellen Verhandlungen und in vielen Veranstaltungen wurden auch die Themen diskutiert, die für die praktische Arbeit von OroVerde relevant sind: Schutz und nachhaltige Nutzung von Wäldern, Einrichtung und Management von Schutzgebieten, Einbindung und Rolle lokaler Gemeinden und Indigener Völker und ein gerechter Vorteilsausgleich für die Nutzung der genetischen Ressourcen und des traditionellen Wissens.

Bilanz zwiespältig
Das Ergebnis der Verhandlungen ist zwiespältig. In einigen Punkten konnten wichtige Fortschritte erzielt werden: Die Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften sind in vielen der verabschiedeten Beschlüsse explizit anerkannt worden. Ihre Beteiligung und ihre bedeutende Rolle am Schutz und der nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt wurden immer wieder betont. Das ist auch ein Erfolg für unsere Projektpartner in Ecuador, die sich seit Jahren mit der Unterstützung von OroVerde dafür einsetzen, ihr Land selbstbestimmt schützen und nutzen zu können. Patricia Gualinga aus Ecuador war in der letzten Woche der Verhandlungen in Bonn. 

Finanzierungs-Initiative durch Kanzlerin Merkel
Die Finanzierung von Schutzgebieten und Tropenwaldschutz soll über die von der Bundesregierung gestartete LifeWeb- Initiative erleichtert werden, in die Deutschland großzügig Mittel investiert hat. 500 Millionen Euro hat Frau Merkel versprochen – zunächst über vier Jahre gestreckt bis 2013 und danach als jähr­li­cher zusätzlicher Finanzierungsbeitrag. Das ist ein guter Anfang, allerdings auch nicht mehr als ein Anfang. Wenn auch Gastgeberstaat Deutschland da­mit durchaus sein Verantwortungsbewusstsein belegt, bleibt festzustellen: Bei kalkulierten 30 Milliarden Euro, die jährlich weltweit notwendig wäre um die Biodiversität zu sichern, müssten jetzt die anderen Staa­ten nach­ziehen. Allerdings haben sich alle anderen G8-Staaten bei den Fragen der Finanzierung zurückgehalten, so dass eine nachhaltige Finanzierung für viele Schutzgebiete immer noch nicht zur Verfügung steht.

Es geht voran, aber nicht so schnell, wie sich viele gewünscht hätten.
Im Bezug auf den gerechten Vorteilsausgleich aus der Nutzung genetischer Ressourcen wurden noch keine verbindlichen Regelungen vereinbart. Traditionelles Wissen von lokalen Gemeinschaften und Indigenen Gruppen ist integraler Bestandteil der Biologischen Vielfalt und soll geschützt und honoriert werden. Die Realität ist zurzeit noch anders: Große Unternehmen, meistens aus Industrieländern, nutzen die biologische Vielfalt der Entwicklungsländer und das traditionelle Wissen indigener Völker zur Entwicklung neuer Medikamente, Kosmetika und Konsumgüter. Die Konvention über die biologische Vielfalt sieht eigentlich vor, dass eine solche Nutzung mit einer Gewinnbeteiligung einhergehen muss, und auch, dass ihr eine informierte Zustimmung vorhergehen muss. In Bonn haben sich die Staaten darauf geeinigt, wie und wann in den nächsten zwei Jahren bis zur nächsten Konferenz im Jahr 2010 verbindliche Regelungen ausgearbeitet werden können. Es geht also voran, aber nicht so schnell, wie sich viele gewünscht hätten.

Fiasko beim Schutz der Wälder
Keine Fortschritte wurden auf der Konferenz hingegen im Bereich des illegalen Einschlages von Holz besonders in Tropenwäldern oder der Reduzierung der weltweiten Abholzungsrate erreicht. Die Vertragsstaaten konnten sich nicht auf ein Verbot des Handels mit Holz aus illegalen Quellen einigen. Auch die EU hat bis heute noch keine gesetzliche Regelung für den Schutz der Urwälder beschlossen, so dass weiterhin illegal eingeschlagenes Holz ohne Probleme auf den europäischen Markt gelangen kann.

Auch die dringend notwendige Verknüpfung von Klimaschutz und dem Schutz der Artenvielfalt ist nicht gelungen. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe hätte installiert werden sollen, doch diese Aufgabe bleibt. Auch im Bereich Agrotreibstoffe und den notwendigen Kriterien für eine soziale und ökologische Produktion fehlen konkrete Ergebnisse, um den weiteren Prozess zu diskutieren.

Kein Scheitern, aber auch kein Sieg
Damit fällt die Gesamtbilanz durchaus gemischt aus. Ein komplettes Scheitern konnte dank der deutschen Initiativen verhindert werden. Das Engagement der deutschen Präsidentschaft zur Weiterentwicklung des internationalen Schutzes der biologischen Vielfalt ist anzuerkennen. Doch wenige Staaten wie Kanada und Brasilien blockieren wichtige Fortschritte, die von den meisten Staaten der Weltgemeinschaft - insbesondere der afrikanischen Staaten - gewünscht werden. Insgesamt sind viele wichtige Entscheidungen NICHT getroffen worden – für die natürliche Vielfalt bedeutet jedes verpasste Jahr den unwiederbringlichen Verlust von Pflanzen und Tieren. Die Verantwortung für diese Vielfalt nehmen die Delegationen einiger Staaten nicht genügend ernst.

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