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In Montreal, Kanada, fand vom 7. bis zum 19. Dezember dieses Jahres die bisher größte Vertragsstaatenkonferenz des Abkommens der Vereinten Nationen über die Biologische Vielfalt statt. Eigentlich hätte sie schon 2020 im chinesischen Kunming stattfinden sollen, aber durch die Corona-Pandemie wurden die endgültigen Verhandlungen bis jetzt verschoben. Bei OroVerde freuen wir uns, dass über die Konferenz in den letzten Wochen viel berichtet und geschrieben wurde. Schade ist allerdings, dass sie oft „nur“ als Artenschutzkonferenz oder als Weltnaturschutzkonferenz betitelt wird. Biologische Vielfalt – oder Biodiversität – genannt ist die Grundlage des Lebens, deswegen sind die Themen, die in Montréal verhandelt wurden, gerade jetzt wichtiger denn je!

Vereinbarung für Biodiversität für die Zukunft

Nun wurde das neue globale Rahmenwerk für Biologische Vielfalt diskutiert und verabschiedet; ein Fahrplan für die Weltgemeinschaft mit vielen wichtigen Zielen für ein Leben in Harmonie mit der Natur. Dabei geht es nicht nur um Natur- und Artenschutz, sondern auch um die Art und Weise, wie wir mehr Nachhaltigkeit in unserem Wirtschaften erreichen, das Klima schützen und zukünftig weniger Biodiversität verlieren. Das schließlich unterzeichnete Abkommen ist in vielen Bereichen ambitioniert: Unter anderem sieht es den Schutz von 30 Prozent der Land- und Wasserflächen, nachhaltige und biodiversitätsfreundliche Umstrukturierung der Landwirtschaft, Reduzierung von Umweltverschmutzung und Verdreifachung der internationalen Finanzhilfen für Biodiversitätsschutz bis Ende des Jahrzehnts vor.

Schon der vorherige, im japanischen Aichi beschlossene, Strategische Plan für die Biologische Vielfalt, dessen 20 Ziele eigentlich bis 2020 hätten erreicht werden sollen, hat allerdings deutlich gemacht, dass es ganzheitliche Ansätze braucht, die über Natur- und Artenschutz hinausgehen. Neben allen anderen Krisen auf dieser Welt wird der Schutz der biologischen Vielfalt leider oft hintenangestellt. Wirtschaftliche Probleme, Ernährungssicherheit, die Klimakrise und vieles mehr scheinen wichtiger und dringender als der Erhalt von einzelnen Arten. Allerdings ist gerade die Summe der verschiedenen Lebewesen auf unserem Planeten unerlässlich für das Funktionieren natürlicher Systeme, die das Überleben von uns Menschen sichern. Ohne die Bestäubung durch Insekten, die Erhaltung und Verbesserung der Wasseraufnahmefähigkeit von Böden durch Vegetationsbedeckung oder die Materialien, die wir aus der Natur beziehen, wäre das Leben nicht möglich. Deswegen ist es umso wichtiger, dass neben den Umweltministerien auch die gesamten Regierungen Verantwortung für die Ziele übernehmen. Denn für die Umsetzung braucht es gemeinschaftliches Handeln aller.

Schutzgebiete und indigene Rechte

Eines der Ziele ist es, bis zum Jahr 2030 den Anteil der Schutzgebiete auf 30 Prozent aller Land- und Meeresflächen zu erhöhen. Auch in unseren Projekten arbeiten wir oft in und um Schutzgebiete. Sie sind wichtige Bestandteile funktionierender Landschaften und schützen nicht nur besondere Tier- und Pflanzenarten, sondern sichern zum Beispiel auch das Trinkwasser für die angrenzenden Gemeinden und verhindern Erdrutsche an Hängen. Dennoch gibt es immer wieder Konflikte zwischen Schutzgebietsverwaltungen auf der einen und lokalen Gemeinden oder indigenen Völkern auf der anderen Seite. Das geschieht insbesondere, wenn traditionelle Rechte auf Land und seine Nutzung durch die Schutzgebiete eingeschränkt werden. Dabei belegt eine Vielzahl von Studien, dass ein großer Teil der noch vorhandenen Biodiversität nur dank der Anstrengungen von indigenen und anderen lokalen Gemeinden erhalten bleibt, oftmals sogar besser als in staatlichen Schutzgebieten. Deswegen ist es besonders wichtig, dass bei der Ausweisung neuer Schutzgebiete die Anwohner*innen vorher informiert werden und unter Wahrung ihrer Rechte mitentscheiden dürfen, welche Flächen und Ökosysteme in welcher Weise und von wem genutzt werden dürfen. Denn Schutzgebiete sind nicht nur Regionen, die keiner mehr betreten darf, sondern auch Flächen, auf denen eine nachhaltige Nutzung erlaubt ist. Dazu gehören je nach Schutzgebietskategorie ökologischer Tourismus, wissenschaftliche Forschung, aber auch Subsistenzwirtschaft, schonende Nutzung von Ressourcen, die nachwachsen können und so erhalten bleiben, oder Formen der Landwirtschaft, die Vielfalt fördern und erhalten. Flächen, die von indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften geschützt werden, gehen aktuell oft nicht in die Berechnung der Schutzflächen ein, die von Regierungen auf internationaler Ebene gezählt werden. Die Befürchtungen sind groß, dass bei Aufnahme in die offiziellen Statistiken keine selbstbestimmte Nutzung mehr möglich wäre und Autonomie verloren ginge. Andererseits könnte die Einbeziehung auch Chancen eröffnen, dass bisher noch nicht anerkannte und honorierte Beiträge und Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften zum Schutz der Biodiversität anerkannt und gestärkt werden. Hier müssen Mechanismen für gemeinsame Anstrengungen zum Schutz der biologischen Vielfalt gefunden werden, die über bisherige Ansätze hinaus gehen und die unterschiedlichen Akteure einbinden und beteiligen.

Ökologische Landwirtschaft fördern

Schon beim Strategischen Plan von Aichi war ein Ziel, dass alle Flächen unter landwirtschaftlicher Nutzung nachhaltig und ohne Verlust an Biologischer Vielfalt bewirtschaftet werden sollen. Das ist bisher leider nicht erreicht. Dabei ist es essenziell, dass wir die Nutzung unserer Land- und Wasserflächen so gestalten, dass auch zukünftig noch ein Anbau und eine Nutzung der natürlichen Ressourcen möglich ist. Schädliche Subventionen für großflächige Monokulturen zum Beispiel müssen verändert werden, und neben den richtigen Rahmenbedingungen braucht es Finanzierung und Anreize für die Umstellung. Unsere Projekte in den Tropen zeigen, dass kleinflächiger Anbau von unterschiedlichen Produkten und ein Mix von natürlichen Arten und gewinnbringenden Früchten gut funktionieren. Die Bäuerinnen und Bauern sind dadurch nicht abhängig von nur einem Produkt, die Ernten brechen zum Beispiel bei Trockenheit nicht gleich zusammen und Schädlinge können weniger Schaden anrichten. Die vielen unterschiedlichen Arten helfen außerdem, dass sich die Systeme besser auf Veränderungen und Störungen einstellen können. Das spielt zum Beispiel auch bei der Anpassung an den Klimawandel eine zentrale Rolle, die gerade für die Land- und Forstwirtschaft immer wichtiger wird. Auch hier hilft die Biologische Vielfalt, resiliente, also widerstandsfähige, Systeme zu schaffen.

Umsetzung als größte Herausforderung für die kommenden Jahre

Damit das Abkommen wirklich Grundlage zur Sicherung des Lebens auf unserem Planeten werden kann, darf die Umsetzung also nicht alleine bei Umweltministerien und Naturschutzorganisationen bleiben, sondern muss in die Breite getragen werden. Um die Biologische Vielfalt effektiv zu erhalten, müssen verschiedene Sektoren, zum Beispiel Land- und Forstwirtschaft, Industrie und Energie, in den einzelnen Ländern zusammenarbeiten. Dazu gehört unter anderem auch die verbindliche Übertragung der Ziele in nationale Regelungen mit messbaren Vereinbarungen. Nur so kann es gelingen, dass die in Montréal vereinbarten Ziele nicht nur Lippenbekenntnisse bleiben, sondern tatsächlich langfristig das Leben auf unserem Planeten sichern. Viele praktische Beispiele aus der Arbeit von OroVerde zeigen, wie es gehen kann.

 

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