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Venezuela ist ein Land der Vielfalt. Seltene Bergnebelwälder, aber auch Mangroven und Sandstrände beherbergen exotische Tier- und Pflanzenarten. Vom bekannten Fettschwalm über unzählige Kolibriarten bis zum Flussdelfin, ausdauernde Reisende können hier viele Überraschungen erleben. Ornithologe Ralf Jahraus ist schon weit gereist und doch zog es ihn nach Venezuela. Nicht nur um dort dem Höllenlärm der Fettschwalme zu lauschen, sondern auch, um das OroVerde-Projekt auf der Halbinsel Paria zu besuchen. Hier sein Reisebericht.

„Mitte März hatte ich im Rahmen einer einmonatigen Venezuelareise die Gelegenheit, das Projekt von OroVerde auf der Halbinsel Paria vor Ort kennenzulernen. Ich hatte von diesem Projekt gelesen und mich dafür interessiert. Nach einigen Telefonaten wurde mein Besuch schließlich zusammen mit der venezuelanischen Partnerorganisation Fundation Thomas Merle in die Wege geleitet. Nach einem Direktflug nach Caracas und einem Inlandsflug nach Maturin ging es 3 Stunden mit einem Sammeltaxi (Por Puesto) nach Carupano. Dort nahm mich Sabine Merle in Empfang, zeigte mir das Büro der Fundation, ihren Vater den Stiftungsgründer Wilfried Merle und die Mitarbeiter der Organisation.

Herrliche Ruhe im „Refugio del Bosque“

Anschließend fuhr sie mich ins 30 Minuten entfernt liegende Umweltzentrum „Refugio del Bosque“ nahe der kleinen Stadt El Pilar, in dem ich 9 Tage verbringen durfte. Das Refugio ist herrlich ruhig und im Grünen gelegen und besteht aus mehreren einfachen, aber hübschen Zimmern, 3 Schlafsälen, einer großen Küche sowie aus Unterrichtsräumen. Hierhin kommen regelmäßig Schulklassen aus der weiteren Umgebung, um praxisnahen Unterricht zu verschiedenen unsere Umwelt betreffenden Themen zu erhalten.

Jede Schulklasse mit jeweils 25 bis 30 Kindern im Alter von 9 bis 12 Jahren bereitet den Besuch im Unterricht vor und besucht das Umweltzentrum insgesamt 5 Mal während eines Schuljahres. Behandelt wird jedes Mal ein anderes Thema, wie z.B. „Wasser“, „Bäume“, „Erde“, „Pflanzen und Tiere“ und schließlich zum Abschluss „Ökologie bzw. Ökosysteme“ und ihre auch für uns Menschen wichtige Zusammenhänge und Auswirkungen. Der Unterricht erfolgt nicht nur  in den Schulungsräumen, sondern auch direkt und anschaulich, manchmal auch spielerisch, in der Natur.

Mit leuchtenden Augen Kinder begeistern

Miguel der Lehrer des Refugios berichtet mir mit leuchtenden Augen davon, dass sie mit ihrer Vorgehensweise sehr viele Kinder erreichen können, es ihnen gelingt Interesse, Freude und Bewusstsein bei der Mehrzahl der Schüler zu wecken, welches diese dann natürlich auch mit in ihre Dörfer und Familien nehmen. Verstärkt wird dieser Effekt noch dadurch, dass die Schulklassen nach der Teilnahme des Umweltunterrichts ein mehrmonatiges Projekt an ihrer Schule oder in ihrem Dorf umsetzen. Dabei geht es um jeweils ganz konkrete Themen wie zum z.B.  Plastikvermeidung oder Wiederverwertung.

Vielfältiges Venezuela – vielfältige Projekte

Ferner entsteht im Umweltzentrum eine Art Botanischer Garten. Zwei Studentinnen aus Deutschland, Lena und Valeska, legen hierzu eine Karte mit einer Auflistung der hier vorkommenden Pflanzen und Tiere und deren Nutzen bzw. ökologischer Bedeutung an.

Zu dem wirklich vielschichtigen Projekt gehören noch etliche weitere Bereiche wie Kleinkredite für Bauern, alternative Anbaumöglichkeiten, Förderung von Kaffee und Kakaoanbau, Vermeidung von Brandrodung, Verbesserung der Ernährungssituation in den Dörfern, Schutz des Wasserhaushalts, Verhinderung von Erosion, Wiederaufforstung, sowie das Erreichen eines besseren Schutzstatus  für die höher gelegenen (Nebel)Waldgebiete.

Selbstverständlich blieb während meines Aufenthaltes auch noch genügend Zeit für Ausflüge in die nähere Umgebung. Für mich als Vogelkundler waren das wunderschöne Nebelwaldgebiet Cerro Humo, in dem etliche endemische und seltene Arten leben und eine Bootsfahrt auf dem Cano Ajies am Rande des Nationalparks Turuepano besonders beeindruckend.

Höllenlärm und Eleganz: Fettschwalme und Flussdelfine

Nach meinem durchaus wehmütigen Abschied von El Pilar lagen weitere interessante Reiseziele vor mir, welche ich sämtlich problemlos mit Por Puestos ansteuern konnte.  Zunächst ging es zu den Höhlen von Guacharo nahe Caripe, in welchen tausende Fettschwalme (große nachtaktive Vögel)  den Tag verbringen, die sich beobachten lassen, wenn sie, einen Höllenlärm veranstaltend, in der Dämmerung die Höhle zur Nahrungssuche verlassen. Von dort ging es für einige Tage in ein einfaches, sogenanntes „Hängemattencamp“  im Orinokodelta, wo sich Flussdelfine direkt vom Camp aus bewundern ließen. Dann zu den beeindruckenden Tafelbergen (Tepuis) der Grand Sabana und schließlich (mein persönliches Highlight !!) zu einer Lodge für Ornithologen am Rande der Sierra Lema, einem der besten Vogelgebiete Südamerikas. Dort verbrachte ich eine Woche mit meinem Führer Henry Cleve, von früh morgens bis in den Abend hinein auf der Suche nach für mich neuen und teilweise auch äußerst spektakulären Vogelarten.

Was bleibt? Viele schöne Erinnerungen!

Leider kommen nur noch wenige Touristen in dieses wunderschöne und vielfältige Land, hauptsächlich wegen Sicherheitsbedenken. Auch ich wurde vor und während der Reise oftmals gewarnt, manch Einer wunderte sich sogar, dass mir so gar nichts passiert ist, ich nicht ausgeraubt wurde. Ich kann dazu nur sagen, dass ich während meines Aufenthaltes in Venezuela nur freundlichen und hilfsbereiten Menschen begegnet bin und nicht eine Sekunde das Gefühl einer Gefahr verspürt habe. Ob es sich hierbei um pures Glück gehandelt hat, oder ob Berichte von Gefahren in fernen Ländern wieder einmal maßlos übertrieben wurden, kann ich nicht mit Gewissheit sagen. Mir bleiben jedenfalls nur schöne Erinnerungen.“


Mehr zu unserem Venezuela-Projekt erfahren Sie hier: Durch Bildung Regenwald schützen!

 

 

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