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Die natürliche Vielfalt der immergrünen tropischen Tieflandregenwälder ist weltweit einzigartig. Unzählige Tier- und Pflanzenarten haben sich perfekt an ihren Lebensraum in den verschiedenen Stockwerken des Regenwaldes angepasst. Erfahren Sie hier alles über die Regenwald-Etagen und ihre Bewohner.

Jedes Stockwerk des Regenwaldes hat Einfluss auf die anderen Stockwerke, und jede Tier- und Pflanzenart hat sich optimal an ihr Umfeld angepasst. Das Ganze ähnelt einem Hochhaus mit verschiedenen Etagen und Bewohnern: die fünf Stockwerke des Regenwaldes. Der Stockwerkbau gilt schon lange als eines der Charakteristika des tropischen Regenwaldes. Allerdings variiert die Anzahl der Stockwerke - je nachdem, welche Einteilung verwendet wird. Zudem lässt sich vor Ort mit bloßem Auge meist keine klare Unterteilung erkennen und alles geht fließend ineinander über. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass in den verschiedenen Höhen der Bäume und Sträucher ganz unterschiedliche Tiere leben.

3 spannende Stockwerk-Fakten

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1.
In das unterste Stockwerk, die Krautschicht, dringt nur 1 Prozent des Sonnenlichtes durch. Deswegen haben viele der Pflanzen riesige Blätter entwickelt, um möglichst viel des zur Fotosynthese notwendigen Lichts aufnehmen zu können.
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2.
Im Kronendach, dem 4. Stockwerk, leben die meisten Tiere des Regenwaldes.
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3.
Der bislang höchste Baum der Tropen wurde auf Borneo entdeckt und misst 89,5 m. Das ist fast so hoch wie die Freiheitsstatue in New York.

Wie ist der Regenwald aufgebaut?

Wenn man sich den Aufbau des Regenwaldes ansieht, gehen Theorie und Praxis etwas auseinander. Der Stockwerkbau wird in vielen Lehrbüchern erklärt und als eines der Merkmale tropischer Regenwälder dargestellt. Sind die OroVerde-Mitarbeiter*innen in der Praxis vor Ort unterwegs, ist es jedoch nicht immer leicht, genau diese verschiedenen Stockwerke im jeweiligen Regenwald zu erkennen und voneinander zu unterscheiden. Klar ist: Die tropischen Regenwälder dieser Erde bieten viele Nischen für unterschiedliche Tier- und Pflanzenarten. Selbst eine einzige Bromelie auf einem Ast des Urwaldriesen kann ein eigenes kleines Biotop für eine Reihe an Tierarten darstellen. 

Das 5. Stockwerk: Die Urwaldriesen unter sich?

Urwald- oder Baumriesen, Überständer oder Emergenten – die höchsten Bäume der tropischen Regenwälder haben viele Bezeichnungen. Sie überragen das Kronendach und erreichen eine Höhe von bis zu 65 oder sogar 80 Meter – das ist höher als die Berliner Siegessäule. Der wahrscheinlich größte Baum, der bisher in den Tropen entdeckt wurde, misst sogar 89,5 Meter. Er zählt zur Art der Gelber Meranti und wurde auf Borneo gefunden. Würde man etwa 20 britische Doppeldeckerbusse übereinander stapeln, käme man auf diese Höhe. Um so groß zu werden wie dieser Baumriese, braucht es seine Zeit: Die Giganten können einige hundert Jahre alt sein. Paranussbäume z. B. können über 300 Jahre alt werden. Aufgrund ihrer enormen Größe haben einige der Bäume sogenannte Brettwurzeln, die sie stützen. 

Unterschiedlichste Tierarten leben in diesem Stockwerk: vor allem Vögel wie Tukane, Aras, Adler und manche Kolibriarten, aber auch kleine Baumsteigerfrösche und Schmetterlinge wie der Morpho-Falter. Zudem siedeln sich hier faszinierende Pflanzenarten an: Sogenannte Aufsitzerpflanzen wie beispielsweise einige Orchideen- und Bromelienarten versorgen sich über Luftwurzeln mit allem, was sie benötigen. 

Überständer sind besonders typisch für immergrüne Tieflandregenwälder in den Tropen. Je nach Region gibt es unterschiedliche Arten: In Südamerika sind der Paranuss- und der Kapokbaum typische Emergenten und auf Borneo beispielsweise sind es Meranti-Bäume.

Was macht das Kronendach des Regenwaldes aus?

Das 4. Regenwald-Stockwerk befindet sich zwischen 25 und 40 Meter Höhe. Hier herrschen Temperaturen von bis zu 30-35º C. Zudem gibt es eine konstantere Luftfeuchtigkeit von 80 bis 90 Prozent. Die Schicht des Kronendachs ist sehr dicht, hier grenzt Baumkrone an Baumkrone. Im Kronendach leben die meisten Tiere des Regenwaldes. Faultiere, Tamarine, Fledermäuse, Baumschlangen, Trogone, Tukane, Iguanas, viele Affenarten wie beispielsweise Brüllaffen, Orang-Utans, Wollaffen, Gibbons, Baumsteigerfrösche, Papageien, blätterfressende Insekten und noch viele mehr sind hier zu Hause. Übrigens: Brüllaffen können sich so lautstark bemerkbar machen, dass sie leicht eine Lautstärke von 90 Dezibel erreichen können. Da das Kronendach nur schwer zugänglich ist, ist es weniger erforscht als der Rest des Waldes. Der Tropenökologe Gerhard Gottsberger schätzte in einem SPIEGEL-Interview sogar, dass die Baumkronen, neben der Tiefsee, die am wenigsten erforschten Lebensräume der Erde sind.

Wie sieht die untere Baumschicht, das 3. Stockwerk des Regenwaldes aus?

Je weiter es hinauf geht, desto heller wird es. Wir befinden uns jetzt auf etwa 8 bis 20 Meter Höhe. Bei Temperaturen von 25 bis 30º C und einer niedrigeren Luftfeuchtigkeit als in den unteren beiden Stockwerken, finden kleinere Baumarten wie Gummibaum und Kakao, aber auch junge Pflanzen, im Schatten der größeren Bäume, Schutz vor der Hitze. Um unterhalb des Kronendaches das wenig vorhandene Licht optimal auszunutzen, bilden die Bäume daher schmale Kronen mit spindel- oder kegelförmiger Form aus, die die engen Lichtschneisen optimal ausnutzen können. Dadurch ist der Bewuchs nicht so dicht, wie in der Schicht des Kronendachs. Neben Bäumen mit auffälligen Blüten und Samen mit Fruchtfleisch findet man vor allem Palmen und Baumfarne in der unteren Baumschicht. Hier leben unter anderem Nasenbären, Kolibris, Schmetterlinge und Pfeilgiftfrösche. 

Was sind die Besonderheiten der Strauchschicht?

Wir sind im 2. Regenwald-Stockwerk und bei einer Höhe von ein bis acht Metern angelangt. Unter dem dichten Blätterdach der höheren Stockwerke ist es sehr düster: Es herrscht Lichtmangel. Diese Bedingungen sorgen für eine weniger üppige Vegetation als in den höheren Schichten des Regenwaldes. Licht ist der wichtigste Mangelfaktor im Unterwuchs. In erster Linie wachsen hier Sträucher mit großen Blättern, kleine Palmenarten, Schraubenbäume und Büsche. In tropischen Tieflandregenwäldern stehen sie allerdings meist so licht, dass man sich ohne Probleme frei bewegen kann. Bei den hier herrschenden circa 25º C und der hohen Luftfeuchtigkeit fühlen sich viele Insekten und Schlangen wohl. Eine von ihnen ist der Grüne Baumpython, dessen Jungtiere man hier zusammengerollt auf einem Ast ruhend finden kann. Außerdem kann man in dieser Schicht Blattschneideameisen sowie weiter oben im Stockwerk auch Ameisenbären finden. Zudem fühlen sich hier manche Kolibriarten, Ameisenvögel und Stabheuschrecken sowie Zikaden wohl.
 

Was macht das 1. Regenwald-Stockwerk, die Boden- und Krautschicht aus?

Das unterste Stockwerk des Regenwaldes geht bis etwa einen Meter über dem Boden. Hier unten herrscht bei recht konstanten 20-25º C und einer Luftfeuchtigkeit von 90-100 % ein humides Klima, in dem viele Moose und Farne gut gedeihen. Es entsteht oft Staunässe. Außerdem findet man hier auch häufiger holzzersetzende Pilze sowie Wurzelparasiten (z. B. die bekannte Rafflesie aus Südostasien). Da nur noch 1% des Sonnenlichtes von oben durchdringt, haben viele der Pflanzen riesige Blätter entwickelt, um das wenige Licht zur Photosynthese aufnehmen zu können. In der untersten Schicht findet man auch die Basis der sogenannten Brettwurzeln, die die Baumriesen mit ihrer großen, flügelähnlichen Fläche stützen. Sie sind typisch für die hohen Bäume der Tropen- und Regenwälder. Neben ihren Pflanzen beherbergt die Schicht viele Kleinstlebewesen und Insekten, die sich von abgestorbenen Blättern und toten Bäumen ernähren. Auch der Hüttengärtner, ein Laubenvogel aus Neuguinea, nutzt den Waldboden, um dort Weibchen mit ihren aufwendig dekorierten Nestern zu beeindrucken. Neben den Kleinen sind hier auch Große anzutreffen: Jaguare, Sumatra Tiger, Tapire, Pekaris, Nagetiere, Gürteltiere, Termiten, Asseln,  Vogelspinnen sowie flugunfähige Vögel wie Kasuare und bewegen sich im untersten Stockwerk.

Gut vernetzt - das weite Wurzelwerk der Urwaldriesen

Die meisten Bäume und Pflanzen, die direkt auf dem Regenwaldboden – sozusagen im Erdgeschoss – wohnen, sind nicht tief verwurzelt. Denn überraschenderweise sind die Böden in den meisten tropischen Regenwäldern nicht besonders nährstoffreich: Die Bäume und Pflanzen ziehen ihre Nährstoffe stattdessen aus auf dem Boden aufliegenden Humusschicht. Diese ist nur etwa 15 bis 20 Zentimeter dick und besteht aus der Biomasse, die sich aus herabgefallenen Blättern, umgestürzten Bäumen, und anderer organischer Materie bildet. Von den kleinsten Waldbewohnern – zum Beispiel Würmern, Insekten, Pilzen – wird diese Masse zersetzt, sodass die Bäume wieder ausreichend Nährstoffe zur Verfügung haben.

Das Wurzelwerk der meisten Urwaldriesen breitet sich aus diesem Grund nicht in die Tiefe, sondern horizontal über den Waldboden aus. Manche Bäume haben einen Wurzelteppich, der sich bis zu 100 Meter vom Stamm aus erstreckt. Über dieses System können so besonders effizient Nährstoffe und Wasser aufnehmen.

Tiefliegende Wurzeln würden außerdem ein weiteres Problem mit sich bringen: Die ständige Feuchtigkeit des Regenwaldbodens würde die Sauerstoffversorgung der Bäume durch tiefliegende Wurzeln unmöglich machen.

Anpassungen an besonderes Mikroklima

Über den Dächern der Regenwälder herrscht ein heißes Klima mit Temperaturen von etwa 35º C, da es keinen Schatten gibt. Außerdem gibt es Schwankungen in der Luftfeuchtigkeit, die hier zwischen 70 und 100 % betragen kann. Die große Hitze und die starken Schwankungen machen diesen Lebensraum so besonders und unterscheiden ihn von den anderen Stockwerken. Im Gegensatz zu den unteren Stockwerken sind die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit vor allem im Tagesverlauf nicht konstant. Zur Mittagszeit, bei höchster Sonneneinstrahlung, ist die Temperatur am höchsten und die relative Luftfeuchtigkeit am geringsten. Wie stark die Schwankungen sind, hängt von vielen Faktoren ab: von der Baumart, der geografischen Lage, dem Wetter und sogar vom Bewuchs rund um den Baumriesen. Die Kronen der Überständer sind oft groß und überragen einiges. Einige dieser Bäume haben kleinere Blätter mit Verdunstungsschutz. Die Pollen- und Samenverbreitung geschieht häufig über den Wind.

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Fotonachweis: Konrad Wothe (Blattschneidearmeise, Tamandua, Tukan, Tapir), Özi's Comix Studio (Illustration Stockwerkbau, 1. Stockwerk), OroVerde - Elke Mannigel (2. Stockwerk), Kristina Osen (3. Stockwerk), Anna Hömberg (4. Stockwerk), OroVerde (5. Stockwerk, Nasenbär), Elke Mannigel (Brüllaffe)

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