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In Cobán im Westen Guatemalas treffen sich die Teams des WaldGewinn-Projekts. Wie soll es nach acht Jahren Tropenwaldschutz weitergehen? In einem Land am Scheideweg? Diego Salazar hat einen Traum.

14.11.2023 | von Christian Neeb

„Hi, ich bin Diego.“ Ein Baum von einem Mann: groß, breit. Das Lächeln: groß, breit. „Seid ihr soweit? Dann fahren wir jetzt los.“ Mit einem Schwung wuchten starke Arme die Taschen in den Kofferraum. Der Geländewagen fährt los durch das Asphalt-Dickicht von Guatemala-Stadt. Vorbei an Burger-Läden und Waffen-Shops, entlang gedrungener Hütten und dem Glas und Beton der Botschaftsgebäude. Aus den Boxen tropft Salsa und deckt den Lärm der Stadt zu.

An einer Kreuzung stehen Frauen, Männer. „Ich habe Hunger“, steht auf ihren Schildern. „Für meine Kinder.“ Der Blinker tickt. „Das ist das hässliche Gesicht von Guatemala“, sagt Diego Salazar. Er steuert auf die Schnellstraße. Vorbei an den Schildern. Hinaus aus dem Millionenmoloch. Hierher kommen die Menschen, die nichts haben. Aus den Dörfern und Städtchen des Umlands. Die Chance, dass sie hier ihr Glück finden, oder zumindest genug, um zu leben, wie Millionen andere auch – sie stehen nicht gut.

Salazar treibt das um. Er kommt selbst aus der Zona 7 von Guatemala Stadt. Die Armutsquote in dem mittelamerikanischen Land liegt 2023 bei 55,2 Prozent. Die Unterernährungsrate von Kindern ist mit 47 Prozent unter den zehn Schlechtesten der Welt. Den täglichen Überlebenskampf der Menschen kennt Salazar seit seiner Kindheit.

Windmühlen und Wandel

Mehr als sieben Jahren arbeitet der 34-Jährige für Nichtregierungsorganisationen. Er hatte Zwischenstopps bei der Konrad-Adenauer-Stiftung, den Catholic Relief Services – jetzt ist er für Heifer tätig. Die Partnerorganisation von OroVerde im WaldGewinn-Projekt. Eine Perspektive für die Menschen entwickeln, den Tropenwald schützen, Armut bekämpfen. Acht Jahre lang hat das Projekt Tausende Menschen auf dem Weg dorthin begleitet.

Die Stadt Cobán liegt in den Ausläufern des Gebirges von Sierra de las Minas. Hier oben, auf 1300 Höhenmetern, wo Nebelwolken Rauchschwaden gleich über dem Wald aufsteigen, findet das letzte Treffen des Projekts statt. Auf dem Weg spricht Salazar über seine Heimat. Die Armut, die Ungleichheit, die Korruption und Gewalt. All die Probleme, die Guatemala in ihrem Würgegriff halten und den Menschen die Luft abschnüren. Aber er spricht auch über die Schönheit. Die Musik, den Artenreichtum, die Gastfreundschaft. Und er spricht über die Hoffnung. Hoffnung, dass sich für Guatemala etwas ändern kann. Die Hoffnung hat einen Namen: Bernardo Arévalo.

Der Sozialdemokrat hat in einem Erdrutschsieg im Sommer die Präsidentschaftswahl in Guatemala gewonnen. Im Wahlkampf hat Arévalo versprochen, mit der Korruption in Politik und Verwaltung aufzuräumen – und den Armen eine neue Perspektive zu geben. Besonders in der indigenen Bevölkerung des Landes hat Arévalo großen Rückhalt. „Ohne Perspektive werden wir die Probleme, um die es uns geht, nicht lösen“, sagt auch Salazar. „Die Leute haben Hunger. Sie haben kaum Kapazität, um sich um Umweltverschmutzung, Abholzung oder die Klimakrise zu kümmern, solange das so ist.“

Viele kleine Rädchen

Aber ob Arévalo all die Hoffnung erfüllen kann, die auf ihn projiziert werden? Menschen satt machen, damit die sich um ihre Umwelt kümmern, die Artenvielfalt schützen und den Wald bewahren können? Besonders, da die Mächtigen in Politik und Wirtschaft seine Wahl nicht anerkennen wollen. Auf den Straßen hat sich Protest gegen die oberste Staatsanwaltschaft formiert, die den Politiker und seine Partei schon vor der Machtübernahme im Januar entmachten will. Und gegen den Filz, der sie umgibt. Diego Salazar zumindest will die Hoffnung nicht aufgeben. „Wir stehen an einem Wendepunkt. Wenn wir es jetzt nicht schaffen und aus unserer politischen Erstarrung aufwachen, dann wird es die nächsten zwanzig Jahre so weiter gehen.“

Denn das System der Korruption in Guatemala besteht aus vielen kleinen Rädchen. Wirtschaft, Politik, kriminelle Banden, sie alle profitieren davon, dass es den meisten Menschen im Land schlecht geht – und dem Land von dem sie leben auch.

Neue Wurzeln

„Wir haben mit WaldGewinn daran gearbeitet, dieses System von unten zu ändern“, sagt Salazar. Eine Art Graswurzelbewegung, bei der mit mehr als 1.300 Familien nachhaltige Einkommenswege erarbeitet wurden, die auch den Wald des Landes vor der Abholzung schützen. Doch nicht nur die Kleinproduzent*innen sollten Unterstützung erfahren, um Kakao, Honig und andere Produkte anzubauen und selbst zu vermarkten. WaldGewinn sollte mehr erreichen. „Auch auf der politischen Ebene muss sich etwas ändern“, sagt Salazar.

Dazu reisen nach Cobán auch Vertreter*innen von Kommunen und des Umweltministeriums an. Gemeinsam sollen Anbaumethoden wie Waldgärten und Finanzierungsmodelle für nachhaltiges Wirtschaften in Kommunen und der Verwaltung verankert werden.

Es regnet in Strömen. Diego Salazar lenkt den Geländewagen die letzten Meter den Schotterweg zum Tagungszentrum hinunter. Dorthin, wo nun aus acht Jahren Tropenwaldschutz eine Zukunft für sein Land entstehen soll. Eine Zukunft, in der Mensch und Natur unter dem Schutz aller stehen. Im Frühjahr ist Salazar zum ersten Mal Vater geworden. Sein Sohn heißt Diego. „Ich bin kein großer Visionär“, sagt Salazar. „Ich wünsche mir nur für ihn, dass er in einer Demokratie aufwachsen kann. Dass seine Stimme gehört wird und er sein Land mitgestalten kann. Dass wir es an diesem Punkt schaffen, in die richtige Richtung zu gehen.“

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WaldGewinn ist ein gemeinsames Projekt von OroVerde mit der Fundación Defensores de la Naturaleza (FDN) und Heifer International Guatemala. Die FDN ist eine private Stiftung für nachhaltige Entwicklung und Naturschutz in Guatemala. Sie ist spezialisiert auf die Erarbeitung von Waldbewirtschaftungs- und Schutzplänen, sowie die Beratung und Unterstützung der lokalen Bevölkerung in der Aufforstung und Forstwirtschaft. Heifer International Guatemala ist eine gemeinnützige, zu Heifer International gehörende Organisation, die gegen Armut und Hunger arbeitet. Sie ist vor allem spezialisiert auf den Bereich Landwirtschaft und integrierte Produktionssysteme als Beitrag zur Ernährungssicherung.

Förderer Projekt WaldGewinn

Dieses Projekt ist Teil der Internationalen Klimaschutzinitiative. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) unterstützt diese Initiative auf Basis einer Bundestagsentscheidung.

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Fotonachweis: ©OroVerde – M. Schulze-Vorberg (Hero-Bild, Landschaft), ©OroVerde – Chr. Neeb (Diego Salazar).

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