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Ein warnendes Beispiel zum Tag der Biodiversität. Früher wurde sie vor allem für ihr Herz geerntet. Heute gelten die Früchte der Jussarapalme als Superfood . Doch ihre Bestände im Atlantischen Regenwald Brasiliens sind bedroht.

 

Lange Zeit wurden Jussarapalmen (Euterpe edulis) für ihre Palmherzen geerntet. Bei der Ernte sterben die Palmen ab. Dadurch und durch die Zerstörung des Atlantischen Regenwaldes für Infrastruktur und landwirtschaftliche Nutzflächen schwindet der Bestand an Jussarapalmen.

Dramatisch wirkte sich der Verlust der Jussarapalme auf Großschnabel-Tukane (Ramphastidae) aus.  Die Tukane waren ursprünglich einer der Hauptverbreiter der Samen. Schnabel und Früchte haben sich in ihrer Größe im Laufe einer parallel verlaufenden Evolution aneinander angepasst. Für die Tukane waren die Palmfrüchte eine wichtige Nahrungsquelle, die Jussarapalme profitierte davon, dass die Tukane ihre Samen verbreiteten. Durch Jagd und Zerstörung ihres Lebensraums wurden die Tukane immer weniger, dies hatte wiederum erhebliche Folgen für die Jussarapalmen: Andere, kleinere Vögel wurden zu wichtigen Verbreitern der Palmsamen. Die kleinen Vögel konnten nur kleinere Früchte fressen, die auch kleinere Samen beinhalten. Deshalb gibt es, seitdem der Mensch in das Ökosystem eingegriffen hat, immer mehr Jussarapalmen mit kleineren Früchten.

Schnelle Evolution

Der Eingriff des Menschen hat eine evolutionäre Entwicklung angestoßen, die wohl vor etwa 100 Jahren begann. Bei der Jussarapalme ging die genetische Vielfalt bezüglich der Samengröße verloren. Solche evolutionären Entwicklungen können dabei positiv oder negativ für die betroffene Art und das Ökosystem sein. Der genaue Effekt hängt von vielen Begleitumständen ab. Im Fall der Jussarapalme führte die Fragmentierung des Atlantischen Regenwaldes zu Veränderungen im lokalen Klima. Es wurde trockener. Sowohl die jetzt grundsätzlich kleineren Jussara-Samen als auch die aus ihnen wachsenden Pflanzen sind anfälliger für Wassermangel. Die kleinen Samen keimen seltener und die Setzlinge sterben schneller ab, als die größeren Samen und Setzlinge, die früher von den Tukanen verbreitet wurden.

 

Klimawandel verstärkt Biodiversitätsverlust

Verstärkt werden die lokalen Klimaeffekte durch den globalen Klimawandel, der ebenfalls zu längeren Trockenphasen führt. Der Verlust von Jussarapalmen hatte sich so beschleunigt. Da die Früchte der Jussarapalme besonderes in der Trockenzeit eine Hauptnahrungsquelle für viele fruchtfressende Tiere sind, wirkt sich deren Verschwinden nicht nur auf die Großschnabel-Tukane, sondern auf die Biodiversität des gesamten Ökosystems aus. Der Klimawandel und der Biodiversitätsverlust verstärken sich hierbei gegenseitig. Annelie Fincke, Expertin für Internationale Tropenschutzprojekte bei der Tropenwaldstiftung OroVerde erklärt hierzu: „Der Schutz der Biodiversität sollte nicht länger im Schatten des Kampfes gegen den Klimawandel stehen, sondern sollte dringend mehr Aufmerksamkeit bekommen, ebenso wie die engen Verknüpfungen zwischen beiden Themen!“

Vertane Chance

 

Die Früchte der Jussarapalme gelten als Superfood mit ähnlichen gesundheitsfördernden Eigenschaften, wie sie auch ihrer Verwandte, die Açaípalme (Euterpe oleracea) aus dem Amazonas-Gebiet, besitzt. Doch nur wenige Jussarapalmen sind noch übrig, die Früchte kleiner als früher. Die Ernte ist ständig von Dürren bedroht. 

Vielfalt kann in der Biologie unterschiedliches bedeuten: Artenvielfalt, bei denen das Überleben der unterschiedlichen Arten eng miteinander verknüpft sein kann, aber auch genetische Vielfalt, die die Anpassung an unterschiedliche Umweltbedingungen ermöglicht. Der Verlust von beidem bei der Jussarapalme hat ihren Bestand in Teilen des Atlantischen Regenwaldes so weit verringert, dass ihre nachhaltige Nutzung kaum noch möglich ist. Von einer Chance für die lokale Bevölkerung droht die Jussarapalme eine Geschichte zu werden, die vor den unabsehbaren Folgen unseres Raubbaues an der Natur warnt.

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