Warten auf die Woche der Entscheidungen
WWF Pressemitteilung, 5.12.10
Frankfurt - Die Hurrikansaison am Golf von Mexiko geht gerade zu Ende. Auf einen politischen Sturm, der frischen Wind in die festgefahrenen Klimaverhandlungen in Mexiko bringen könnte, wartet man bislang allerdings vergeblich. "Die erste Woche verlief erwartungsgemäß unspektakulär", zieht Regine Günther, Leiterin des Bereichs Klima- und Energiepolitik beim WWF Deutschland eine erste Bilanz. Trotzdem erwartet der WWF, dass es mit Eintreffen der Minister in dieser Woche zumindest in Teilaspekten vorangeht.
Das im Kopenhagen-Accord formulierte Ziel, die globale Erwärmung auf maximal zwei Grad Celsius zu begrenzen, müsse auch formal bestätigt werden. Außerdem gelte es, in Cancún zumindest den Fahrplan bis zur Klimakonferenz in Südafrika 2011 zu verabschieden und in einzelnen Themengebiete Zwischenziele in Form von Teilabkommen zu erreichen. Um den Stillstand zu beenden, seien Vorreiter gefordert. Der WWF fordert von der EU ein klares Signal, die Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel zu erhöhen. Europa müsse bei seinen Klimaschutzzielen nachlegen. Ein klares Bekenntnis der EU, ihren Treibhausgasausstoß bis 2020 um 30 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren, könnte ein Impuls für die klimapolitische Entwicklung der EU und den internationalen Klimaprozess sein.
Zu den wenigen Lichtblicken aus Cancún gehört die gerade veröffentlichte Entwaldungsbilanz 2010 aus Brasilien. Demzufolge wurden am Amazonas im vergangenen Jahr so wenige Bäume abgeholzt wie seit Beginn der Messungen 1988. "Dies ist ein positives Signal. Die Maßnahmen zum Schutz des Amazonas-Regenwaldes greifen", betont Roberto Maldonado, Waldreferent beim WWF Deutschland. Für die Klimaverhandlungen haben die aktuellen Daten besondere Bedeutung, weil hier über Regelungen zum Schutz der Wälder verhandelt wird. Die globale Entwaldung ist für 15-20 Prozent der vom Mensch verschuldeten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Im so genannten REDD+ Abkommen (Reduced Emissions from Deforestation and Degradation) geht es darum, die Fähigkeit der Wälder CO2 zu speichern, in Wert zu setzen. Ziel ist es, Entwicklungs- und Schwellenländer für den Schutz ihrer Wälder als Kohlenstoffsenken zu honorieren. Die Regierungen sind gefordert, hierfür einen Handlungsrahmen zu schaffen.
Klimaschutz nicht verschieben
Röttgen muss gemeinsam mit EU für Kyoto-Protokoll kämpfen
BUND Pressemitteilung, 5.12.10
Berlin/Cancun: Der Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Hubert Weiger, hat Bundesumweltminister Norbert Röttgen am Tag vor dessen Abreise zur Weltklimakonferenz nach Cancun (Mexiko) aufgefordert, gemeinsam mit der Europäischen Union für die Fortführung des Kyoto-Protokolls zu kämpfen. Dabei habe Röttgen die volle Unterstützung der Umweltbewegung, sagte Weiger in Cancun. Der Stillstand bei den internationalen Verhandlungen zum Klimaschutz lasse sich nur überwinden, wenn auch die Europäische Gemeinschaft weit höhere Ziele zusage als bisher. Andere Staaten oder Staatengruppen würden so unter Zugzwang gesetzt und das Prinzip des „keiner bewegt sich zuerst“ wäre durchbrochen.
„Bundesumweltminister Röttgen muss in Cancun vor allem die Bremser der EU ins Gebet nehmen. Eine hochindustrialisierte Region wie die europäische ist wegen ihrer bisherigen CO2-Emissionen nicht nur stärker verantwortlich für den Klimawandel als andere Regionen. Sie hat auch eine größere Verantwortung beim Schutz des Klimas und muss diese endlich wahrnehmen“, sagte Weiger. Es räche sich bitter und werde zunehmend teurer, wenn die EU weiter auf die übrige Welt warte, bevor sie dem Ernst der Problematik gemäß handle. Wer den Anschluss beim Klimaschutz verpasse, verpasse auch den Anschluss auf den Märkten für erneuerbare Energien und Energieeffizienz-Techniken.
Der BUND warnte davor, das Kyoto-Protokoll generell in Frage zu stellen. Die Europäische Gemeinschaft müsse in Cancun den entsprechenden Vorstoß Japans zurückweisen. Es sei blauäugig, über ein neues Klimaschutzabkommen unter Beteiligung der USA oder großer Schwellenländer wie China oder Indien zu diskutieren und zugleich die einzige tatsächlich existierende UN-Vereinbarung zur Begrenzung der Klimagas-Emissionen aufzugeben. Auch eine Reihe von Entwicklungsländern lehne diesen Vorstoß ab.
Der Umweltverband kritisierte die ebenfalls in Cancun anwesenden Vertreter der Wirtschaft wie Siemens, Volkswagen und von Emissionshandelsunternehmen, weil diese vorrangig auf freiwillige Klimaschutzmaßnahmen bzw. auf nachsorgende Technologien wie die CO2-Abscheidung in Kohlekraftwerken setzten. Ein globales Rahmenabkommen zur Senkung der Treibhausgase wie das Kyoto-Protokoll verknüpft mit strengen nationalen Vorgaben zur CO2-Minderung sei der bessere Weg.
„Auch der sogenannte Clean-Development-Mechanism, also der internationale Handel mit CO2-Zertifikaten, kann den Klimaschutz im jeweils eigenen Land nicht ersetzen. Dieser Handel sorgt dafür, dass die Energieriesen und jene Großbetriebe, die am meisten CO2 ausstoßen, ihre Klimaschutzpflichten vor allem auf dem Papier erfüllen. Für einen wirksamen Klimaschutz brauchen wir aber reale und massive CO2-Reduktionen“, sagte Manuel Graf, BUND-Experte für internationalen Klimaschutz in Cancun.