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Kurzfristige Erfolge, langfristige Gefahren

Von Keno Tönjes, 2. Dezember, 2010

Mit Blick auf den Klimagipfel in Cancún hat die brasilianische Regierung am Mittwoch die neuen Entwaldungszahlen für Amazonien veröffentlicht. Demnach wurden im Zeitraum von August 2009 bis Juli 2010 etwa 6451 km² Wald gerodet, das sind 14% weniger als im letzten Jahr und der geringste Wert seit Beginn der Messungen 1988. Die neue Umweltministerin Izabella Teixeira war von dem Ergebnis begeistert und bezeichnete es historisch unkorrekt als „die geringste Entwaldung in der Geschichte Amazoniens“. Immerhin verliert Brasilien jetzt weniger Wald pro Jahr als Indonesien. Präsident Lula sieht dies als großen Erfolg in Sachen Klimaschutz und erwartet von den Industrieländern ebenso große Anstrengungen.

Die Regierung macht für den Erfolg wie in den Jahren zuvor allein ihre eigenen Anstrengungen verantwortlich. Dazu gehören die Satellitenüberwachung in Echtzeit, härteres Durchgreifen der Polizei, die öffentliche Bloßstellung der Munizipien mit dem größten illegalen Holzeinschlag, Strafgebühren für illegale Rodungen und Viehzucht auf diesen Gebieten, schwierigere öffentlichen Kredite für Umweltsünder (Munizipien wie Firmen) sowie die Legalisierung von 300.000 Landtiteln. Umweltverbände sehen in den Zahlen auch einen Erfolg ihres Drucks auf die Agrarlobby und mehrere Kaufhausketten, die letztes Jahr einen freiwilligen Verzicht für Fleisch und Soja aus illegal gerodeten Gebieten erklärten. Auch die Aufwertung der brasilianischen Währung machte die Agrarexporte aus Amazonien weniger interessant, während die Inlandspreise allerdings hoch blieben.

Bis zum Jahr 2020 will Brasilien seine Entwaldung um 80% reduzieren auf nur noch 3500 km² pro Jahr. Dies Ziel könnte laut Präsident Lula vermutlich schon 4 Jahre früher als geplant erreicht werden. Allerdings hatte man schon für dieses Jahr eine Reduktion auf 5000 km² angestrebt. Dies wurde nicht erreicht, da illegale Holzfäller dazu übergegangen sind, kleinflächigere Rodungen durchzuführen, die vom Satelliten und damit der Statistik nicht erfasst werden können.

Andererseits pumpt die brasilianische Regierung auch viele Milliarden Dollar in große Amazonas-Infrastrukturprojekte wie Straßen oder Staudämme, die den Wald zerschneiden und für illegale Rodungen erst zugänglich machen. Auch die Waldgesetzgebung soll auf Druck der Agrarlobby abgeschwächt werden. Außerdem könnte der Klimawandel die Regenwälder um den Regen bringen. Schließlich erlebte Amazonien dieses Jahr nach nur 5 Jahren die zweite „Jahrhundertdürre“, die vermutlich soviel Treibhausgase wie Europa und Japan zusammengenommen produziert hat. Insofern müssen auch trotz kurzfristiger Erfolge die mittel- bis langfristigen Entwicklungen im Blick behalten werden.

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