News und Erfolge von OroVerde © OroVerde/Collage: SL

Tag der indigenen Völker

Zum 25. Mal steht der 9. August im Zeichen indigener Völker. Doch sie sind mit den größten Herausforderungen seit Jahren konfrontiert: Indigene kämpfen gegen Goldsucher und Bergbau-Unternehmen, gegen einen neuen Virus und nicht zuletzt gegen die schlimmsten Waldbrände seit 13 Jahren. Nun sieht es auch noch so aus, als ob die EU Brasiliens Präsident Bolsonaro Rückenwind für seine Politik gibt: Das Mercosur-Abkommen steckt in den finalen Zügen und würde eine große Ausweitung der Soja- und Rindfleischexporte aus Brasilien in die EU bedeuten. Das Abkommen bedroht nicht nur die Existenz vieler indigener Völker, sondern würde für eine deutliche Zunahme der Regenwald-Zerstörung sorgen.

Indigene im Regenwald stehen vor großen Herausforderungen

Besonders in den entlegenen Tropenwälder rund um den Äquator stehen indigene Völker vor einem ihrer größten Kämpfe: den um ihre eigene Gesundheit und das Überleben ihres eigenen Stammes. Schon bei den ersten Ausbrüchen von Covid-19 in indigenen Dörfern im Frühjahr 2020 wurde klar: Das Virus verbreitet sich schnell und in der Regel ist weder das Immunsystem noch das Gesundheitssystem der indigenen Gemeinschaften auf eine solche Pandemie vorbereitet. Bereits mehr als 1.000 infizierte und knapp 200 Tote Indigene gab es allein in Brasilien aufgrund von Covid-19 bereits bis Juni. Experten befürchten sogar das Aussterben ganzer Völker! Viele Stämme versuchen sich abzuschotten. Doch das ist gar nicht so leicht, hatte Bolsonaro doch gerade erst im Februar dieses Jahres ein Gesetz auf den Weg gebracht, dass Bergbau und Energiegewinnung Tür und Tor in indigene Schutzgebiete öffnet. Diese machen etwa 13 Prozent der Landfläche brasiliens aus und sind Heimat für 300 bis 400 bekannte Stämme indigener Völker. 

Waldbrände sorgen für Zündstoff

Studien zeigen: Regenwaldschutz funktioniert besonders gut in kontrollierten Naturschutzgebieten und auf indigenen Territorien. 83 Prozent der Entwaldung findet außerhalb dieser Flächen statt - ohne den Ausbruch einer Pandemie und mit genügend staatlicher Kontrolle der Naturschutzgebiete. Doch durch den Kurs von Brasiliens Präsident Bolsonaro geraten indigene Völker besonders in Amazonien immer mehr an ihre Grenzen: Goldsucher,Bergbau-Unternehmen, Landwirte mit großflächigen Monokulturen grenzen mit ihren Aktivitäten an ihr Gebiet oder dringen sogar ein. Und nun ist auch noch Hochsaison der Waldbrände: Im Juli sind die Waldbrände im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent gestiegen. Im gesamten Jahr 2019 waren fast 10.000 Quadratkilometer den Flammen zum Opfer gefallen. Dieses Jahr scheint es besonders die indigenen Völker hart zu treffen: Experten zufolge stieg die Zahl der Waldbrände auf indigenen Territorien im Juli um knapp 77 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. In Folge der Corona-Pandemie ist dies nicht überraschend: Viele Dörfer hatten sich immer mehr zurückgezogen und versuchten Kontakte außerhalb ihrer Gemeinschaft zu meiden - ein leichtes Spiel für diejenigen, die sich in der Trockenzeit durch Brandrodung mehr Fläche für ihre Landwirtschaft erschließen wollen.

Mit EU-Mercosur den Regenwald vernichten

Mit dem Abkommen des Staaten-Bündnis Mercosur (Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay) mit der EU würde die größte Freihandelszone der Welt entstehen. Mehr als 20 Jahre lang wurde verhandelt und nun sieht es so aus als fehle nur noch die Erarbeitung eines unterzeichnungsreifen Vertrags. Doch was würde ein solches Abkommen für die indigenen Gemeinschaften der Länder bedeuten und was für den Regenwald? Schon in 2019 protestierten Indigene aus Brasilien gegen das Freihandelsabkommen, da es den Weg frei macht für mehr Rindfleisch- und Sojaexporte aus Brasilien in die EU und das wiederum hieße: Noch mehr Fläche fällt der Brandrodung und den Holzfällern zum Opfer, um Soja anzubauen oder Rinder weiden zu lassen. Und das auch auf Kosten indigener Völker!
Sollte die EU dieses Abkommen unterzeichnen machen sie sich zum Komplizen von Präsident Bolsonaro, fürchten viele Indigene. Denn eines ist klar: Mit diesem Freihandelsabkommen würde eine Zunahme von Menschenrechtsverletzungen und Vertreibung indigener Völker sowie eine Verschärfung der Klimakrise einhergehen. 

Wir müssen das EU-Mercosur-Abkommen stoppen!

Zeit zum Umdenken – EU-Mercosur-Abkommen stoppen!

Seit 20 Jahren dauern die Verhandlungen zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) an. Im vergangenen Juni wurde eine politische Verständigung erzielt. Seither wird an der Erarbeitung eines unterzeichnungsreifen Vertrags gearbeitet.

Gemeinsamer Aufruf von Umweltorganisationen gegen das EU-Mercosur-Abkommen. ©OroVerde

Doch die Mehrheit der Bürger*innen lehnt das Abkommen ab. Die Parlamente der EU-Mitgliedstaaten Frankreich, Belgien, Irland und Niederlande haben deutliche Kritik geäußert, die österreichische Regierung will das Abkommen in der jetzigen Form nicht unterzeichnen. Denn kaum ein Abkommen ist so sehr dem Denken und politischen Handeln der Vergangenheit verpflichtet wie das EU-Mercosur-Abkommen. Gemeinsam mit sozialen Bewegungen, Umwelt- und zivilgesellschaftlichen Organisationen in Deutschland weisen wir von OroVerde auf die fatalen Auswirkungen des EU-Mercosur-Abkommens hin.

 

Das EU-Mercosur-Abkommen steht für

  • die Verhinderung von existenzsichernden landwirtschaftlichen Erzeugerpreisen in den Mercosur- und EU-Staaten durch eine exportorientierte Agrarpolitik, sowie die Unterminierung von Tierwohl und lokaler Lebensmittelerzeugung. Mehr Tierwohl in Deutschland kostet die Bauernhöfe Geld und gleichzeitig sollen sie mit billigen Fleischimporten aus den Mercosur-Ländern konkurrieren. In den Mercosur-Ländern verstärken die steigenden Fleischexporte und zunehmender Soja- und Zuckerrohranbau (Biokraftstoffe) die Zerstörung der Umwelt und führen zu mehr Gentechnik- und Pestizideinsatz sowie zur Gewässerverschmutzung.
  • die Verschärfung der Klimakrise. Das Abkommen treibt die Abholzung des Amazonasregenwaldes, des Cerrados und der Trockenwälder des Chaco weiter voran, die eine essentielle Bedeutung für die Stabilisierung des Weltklimas und für die biologische Vielfalt haben. Zudem dient es der Absatzförderung für besonders klimaschädliche Autos.
  • die Zunahme von Menschenrechtsverletzungen, wie die Vertreibung von Kleinbauern und -bäuerinnen sowie Indigenen von ihrem Land. Insbesondere unter dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro sind Menschenrechtsverletzungen gegen Minderheiten und Oppositionelle sowie die Beschneidung von Arbeitnehmer*innenrechten an der Tagesordnung. Durch den Abschluss eines Handelsabkommens belohnt die EU diese Politik und widerspricht ihren eigenen demokratischen Werten.

Die Corona-Krise hat gezeigt, dass die immer weiter fortschreitende ungesteuerte Globalisierung nicht zu einer gerechten und ökologischen Weltwirtschaft führt. Die EU sollte zukünftig ihre handelspolitischen Ambitionen darauf konzentrieren, ökologisch, sozial, menschenrechtlich und entwicklungspolitisch kohärente, multilaterale Handelsbeziehungen mitzugestalten.

Nicht, dass wir weniger Kooperation mit Südamerika bräuchten – wir brauchen sogar mehr: für die Bekämpfung von Hunger und Armut, für Klimaschutz, für die Durchsetzung der ILO-Kernarbeitsnormen und der Menschenrechte. Das geplante Abkommen der EU mit dem Mercosur geht jedoch genau in die falsche Richtung.

Wir von OroVerde fordern deshalb Bundesregierung und EU-Kommission auf: Kein „Weiter so“! Stoppen Sie die Arbeit an dem aktuellen Handelsabkommen der EU mit dem Mercosur

Gemeinsam mit OroVerde haben folgende Organisationen unterzeichnet:

  • Agrar Koordination
  • Aktion 3.Welt Saar e.V.
  • Aktion Agrar
  • Aktionsgemeinschaft solidarische Welt (ASW)
  • Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e.V.
  • Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL)
  • Attac
  • Berliner Wassertisch
  • Biokreis e.V.
  • Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
  • Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR e. V.
  • Bloque Latinoamericano Berlín
  • Brot für die Welt
  • Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ)
  • Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
  • Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW)
  • Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) e. V.
  • Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) e.V.
  • Campact
  • Caritas international
  • Christliche Initiative Romero (CIR)
  • Deutsche Umwelthilfe e.V.
  • Deutscher Naturschutzring (DNR)
  • Eine Welt Forum Freiburg e.V.
  • FIAN Deutschland
  • Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL)
  • Forum Fairer Handel
  • Forum für Umwelt und gerechte Entwicklung e.V. – FUgE
  • Forum Umwelt und Entwicklung
  • Gemeinsam gegen die Tierindustrie
  • Gen-ethisches Netzwerk e.V. (GeN)
  • Gesellschaft für bedrohte Völker
  • Greenpeace
  • Informationsstelle Lateinamerika - ila (Bonn)
  • Informationsstelle Peru
  • Inkota-netzwerk
  • Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB)
  • Katholische Landjugendbewegung Deutschlands (KLJB) e.V.
  • Kooperation Brasilien (KoBra)
  • Medico International e.V.
  • NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V.
  • NaturFreunde Deutschlands e.V.
  • Naturland - Verband für ökologischen Landbau e.V.
  • Netzwerk Energie-Hunger - Nein Danke
  • Netzwerk Gerechter Welthandel
  • OroVerde – Die Tropenwaldstiftung
  • Oxfam Deutschland
  • Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN)
  • POEMA e.V.
  • PowerShift
  • PROVIEH e.V.
  • Regenwald Institut e.V.
  • ROBIN WOOD e.V.
  • Slow Food
  • SumOfUs
  • terre des hommes Deutschland e.V.
  • Umweltinstitut München e.V.
  • Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO)
  • Weltladen-Dachverband e.V.
  • Wir haben es satt!-Bündnis
Literaturhinweise:

„EU-Mercosur-Abkommen: Risiken für Klimaschutz und Menschenrechte“. Herausgegeben von Misereor e.V., Greenpeace e.V. und Dreikönigsaktion – Hilfswerk der Katholischen Jungschar (DKA), Autor: Thomas Fritz (Juni 2020). www.greenpeace.de/presse/publikationen/risiken-fur-klimaschutz-und-menschenrechte

„Analyse des Abkommens zwischen der Europäischen Union und dem Mercosur“. Herausgegeben von Anna Cavazzini MEP, Die Grünen/EFA und PowerShift e.V., Autor*innen: Dr. Luciana Ghiotto und Dr. Javier Echaide (Januar 2020). www.power-shift.de/neue-studie-eu-mercosur-abkommen-brandbeschleuniger-der-klimakrise/

„Angriff auf Klimaschutz und Menschenrechte: Die Folgen des EU Assoziierungsabkommens mit dem Mercosur für Mensch und Umwelt“. Herausgegeben von AbL, Attac, Brot für die Welt, BUND, Campact, FDCL, Forum Umwelt und Entwicklung, NaturFreunde und PowerShift (September 2019).

www.power-shift.de/wp-content/uploads/2019/09/Angriff-auf-Klimaschutz-und-Menschenrechte-webversion-final-16.09.2019.pdf

Hinweise zu weiteren Publikationen: www.gerechter-welthandel.org/material/mercosur/

Das könnte Sie auch interessieren: