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Vom Wimmelposter für die kleinsten Regenwald-Fans, über Governance-Mechanismen in der Dominikanischen Republik bis hin zu Webinaren zur EU-Taxonomie oder einer der stärksten Kampagnen der EU-Geschichte für entwaldungsfreie Lieferketten: So vielfältig wie die Materialien und Aktivitäten von OroVerde war auch unser Jahr 2022. Ein Rückblick auf unsere Meilensteine und Erfolge im Regenwaldschutz.

Es ist gar nicht so leicht, alle Meilensteine oder Neuanfänge von OroVerde kurz und knapp zusammenzufassen. Inzwischen sind wir mehr als 40 hauptamtliche Mitarbeitende, die sich dem Schutz der Regenwälder verschrieben haben und 2022 war ein abwechslungsreiches Jahr. Neue Projekte bringen neue Regionen und neue Partnorganisationen mit sich. Selten wurden so viele verschiedene digitale und analoge Materialien erstellt wie in diesem Jahr. Wir haben Ihnen einen bunten Blumenstrauß an Erfolgen und Aktivitäten zusammengestellt:

Bildungsarbeit auf Hochtouren

Der Schwerpunkt der Aktivitäten unseres Grundschulprojekt „Nachrichten aus dem Regenwald“ lag in diesem Jahr. Innheralb des Projekts entstand ein Materialheft mit vielen zusätzlichen Arbeitsblättern zum Download. Neben Interviews mit Lehrkräften und einem digitalen Seminar legte das Projektteam auch das Poster "Artenreichtum der tropischen Regenwälder" für Grundschulkinder und Jugendliche ab der 5. Klasse neu auf. 
Die Besonderheit des Projektes liegt im Perspektivenwechsel: Mit Hilfe von „Nachrichten“ berichten Kinder aus dem globalen Süden über ihren Alltag, von ihren Interessen und davon, was Regenwald, Klimawandel oder Artensterben für sie bedeuten.
Im Parallelprojekt für Inklusionsklassen - Ich und meine Umwelt - fanden dieses Jahr nicht nur die ersten Praxisprojekte mit Schulklassen statt, das Team konnte seine ersten erfolgreich erstellten Materialien gleich auf der größte Bildungsmesse Europas, der didacta in Köln, vorstellen. Das Memory-Spiel kam gut an und die ersten Vorbestellungen für das Materialheft gibt es auch schon. 
Ein großer Dank geht an Özi von Özi´s Comix Studio, der mit seinen vielen ehrenamtlichen Stunden eine Neuauflage des sehr beliebten Wimmelposters ermöglicht hat. Zwischen Paradiesvögeln aus Indonesien tummeln sich Löwenkopfäffchen aus Brasilien und Brüllaffen aus Guatemala. Neue Pflanzen- und Tierarten einerseits und ein Lösungsblatt für Artbezeichnungen andererseits machen aus dem Poster ein beliebtes Ratespiel.

Neue Projektregionen und länderübergreifende Meilensteine

Mit unseren Aktivitäten am Amatitlán See in Guatemala startete ein neues Projekt mit neuen Partnern. Die Hänge rund um den See zeugen von jahrelanger Entwaldung. Es gibt bereits Initiativen, die das ändern wollen, jedoch mangelt es an Zusammenarbeit, Koordination und Managementplänen für die Wiederaufforstung. Unter anderem wird im Projekt ein 10-jähriger Strategieplan für den Waldwiederaufbau erarbeitet.
Vom Amatitlán See geht es weiter in die Projektregionen des WaldGewinn-Projekts. Der Meilenstein in diesem Jahr: Ein Event mit wichtigen Akteuren aus Politik, Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft sowie die ersten Planungen zum Aufbau eines Spenden-Fonds für die Weiterfinanzierung des Waldaufbaus waren ein voller Erfolg.
Ein weiteres Großprojekt, das WasserWald-Projekt konnte die Pläne zu ökosystembasierten Anpassungen in den verschiedensten Projektländern erfolgreich ausarbeiten und vorstellen. Das KlimaWald-Projekt in Haiti, der Dominikanischen Republik und Kuba konnte mit dem Abschluss des Analyseprozesses den Grundstein für spätere ökosystembasierte Maßnahmen legen. Das bedeutete für das Team, die Projektregionen aus dem Effeff kennenzulernen sowie den Lebenskontext der Menschen vor Ort zu verstehen. 

Politische Arbeit für Investitionen und Lieferketten ohne Entwaldung

Einer der größten Meilenstein in diesem Jahr liegt nicht allzu lange zurück: Es wird eine strenge EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten geben! EU-Kommission, EU-Parlament und EU-Minister*innenrat einigten sich Anfang Dezember auf die wichtigsten Kernelemente der neuen Verordnung. Deutlich ausbaufähig bleibt sie jedoch beim Thema Menschenrechte sowie der fehlenden Einbindung des Finanzsektors. Außerdem werden artenreiche Savannen und Sumpfländer, wie etwa das Pantanal und das Cerrado in Brasilien bislang ausgeschlossen. Gemeinsam mit über 200 NGOs hatten wir uns in der europaweiten Kampagne #Together4Forests dafür eingesetzt, dass eine strenge und nachhaltig wirkende EU-Verordnung erarbeitet wird. Im Projekt ELAN (gemeinsam mit dem Global Nature Fund) gingen wir hierbei mit unserem digitalen Workshop in den Austausch mit Unternehmen und Konzernen rund um die Herausforderungen und Möglichkeiten bei entwaldungsfreien Lieferketten. 
Auch mit der EU-Taxonomie beschäftigten sich die Parlamentarier*innen in 2022. Leider machte sie vor allem Negativ-Schlagzeilen - da im Rahmen der Taxonomie Atomkraft und Erdgas als nachhaltigen Energien eingestuft werden. Wir von OroVerde verurteilten diese Entscheidung genau wie jene, mit der rechtswidrige Kriterien für Bioenergie- und Forstwirtschaftsprojekte Platz in der EU-Taxonomie finden sollen. Mit unserem Waldinvest ll - Projekt - gemeinsam mit dem Global Nature Fund - setzen wir uns für eine glaubwürdigere und vor allem wissenschaftlich fundierte Taxonomie ein. Unser Fokus liegt hierbei auf nachhaltiger Waldwirtschaft und den Möglichkeiten sinnvoller Investments. Dazu fand in 2022 ein Online-Seminar für interessierte Unternehmen statt, denn der Wunsch nach transparenten, einheitlichen und überprüfbaren Kriterien ist groß. 

Klima- und Artenschutz: von Geckos und Konferenzen

Die letzten zwei Jahre gaben Anlass genug: Anfang des Jahres erschien unser Hintergrundpapier zu Biodiversität und Pandemien. Darin erklären wir den Zusammenhang zwischen Biodiversitätsverlust und dem steigenden Risiko für neue Pandemien. Außerdem stellen wir sieben Hebel vor, die das Risiko für zukünftige Pandemien senken können. 
Von der Theorie ins Feld: Jahre nach der wissenschaftlichen Exkursion wurde festegestellt, dass es eine noch nicht beschriebene Gecko-Art im Bergnebelwald des Cerbatana-Gebirges in Venezuela gibt. Gemeinsam mit Ihrer Hilfe hat diese Art wurde diese neue Art nun auf den Namen „Pseudogonatodes fortuna marone" (braunes Glück) getauft. Sie steht stellvertretend für viele Reptilien- und Amphibienarten, die es nur dort in diesem vielfältigen Lebensraum gibt.
Doch die Auswirkungen der Klimakrise bedrohen dieses wertvolle Ökosystem. So ist OroVerde mit seinen Projekten nicht nur an der Basis des Regenwaldschutzes tätig, sondern auch bei Konferenzen - wie der Weltklimakonferenz COP27 in Ägypten. Dort stellte unser Kollege Johannes gemeinsam mit den Partnern aus Haiti und der Dominikanischen Republik das Projekt KlimaWald vor. Die Ergebnisse der Konferenz blieben leider weit hinter den Erwartungen zurück. Anders auf der Weltnaturkonferenz COP15 in Montreal: Dort beschlossen die rund 200 teilnehmenden Staaten in ihrem Abkommen unter anderem, mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen bis 2030 unter Schutz zu stellen. Wir begrüßen diesen Schritt, sehen aber großen Bedarf an einer nachhaltigen Umsetzung. Es ist wichtig, dass eine starke Partizipation von lokalen Gemeinden oder indigenen Völkern auf Augenhöhe stattfindet. Außerdem müssen verschiedene Sektoren, zum Beispiel Land- und Forstwirtschaft, Industrie und Energie, in den einzelnen Ländern zusammenarbeiten. Nur so kann aus einem Schutz auf dem Papier auch eine reale Wirkung entstehen.

Herausfordernde Bedingungen der Projektarbeit

Neben all den schlechten Nachrichten, die wir in den letzten Jahren über die wirtschaftliche oder gesundheitliche Lage aus Venezuela lesen mussten, konnten wir uns dieses Jahr über positive Nachrichten freuen: Die Bürgermeister*innen erklärten den Nebelwald der Cerbatana im Norden des Landes zum Schutzgebiet. Der Waldwiederaufbau, z.B. mit Kakao-Agroforstsystemen schreitet weiter voran, die nächsten Hektar sind gepflanzt und die Baumschulen voller Setzlinge. Wir freuen uns insbesondere über die nachhaltig Wirkung unserer Projektaktivitäten in der Region: Frühere Schüler*innen, die an Bildungsangeboten unserer Partner, der Fundación Thomas Merle, teilgenommen hatten, sind inzwischen als Lehrkräfte tätig und geben ihr Wissen an kommende Generationen weiter!
Von Venezuela geht es weiter in den Westen Südamerikas - in das Amazonastiefland Ecuadors: Trotz herausfordernder logistischer Bedingungen fand im Herbst 2022 das erste Austauschtreffen zwischen jungen Indigenen aus Sarayaku in Ecuador und jungen Menschen der Shipobo aus Peru statt! Es war ein spannender Austausch über Herausforderungen, Wünsche und Ideen des Alltags und der Zukunft. Sogar eine Rap-Vorführung auf verschiedenen Sprachen war Teil des Treffens.

Um vulnerable Gruppen und Frauen zu stärken, startete OroVerde 2022 eine Gender- und Intersektionalitäts-Strategie. Es geht insbesondere in der Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen darum, diese für das Thema zu sensibilisieren und die Gruppen stärker in die Projektaktivitäten einzubeziehen!

Was kommt in 2023?

Auch im neuen Jahr werden wir weiter verstärkt daran arbeiten, effizienten Regenwaldschutz von der Basis in den Projektregionen bis in die Politik auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene zu verankern. Wir sind uns sicher: Weitere Meilensteine und Erfolge in nationalen Bildungsprojekten genauso wie länderübergreifenden Großprojekten werden in 2023 folgen. Wir freuen uns auf ein neues, spannendes Jahr 2023!