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Noch vor Wasser oder Bier steht Kaffee an Nr. 1 der Rangliste: Es ist der Deutschen liebstes Getränk. Pro Jahr trinkt jede*r von uns durchschnittlich 163 Liter. Ein Leben ohne Kaffee? Für viele nicht vorstellbar! Das Paradoxe: Kaffeeanbau ist für den Regenwald Fluch und Segen zugleich. Blickt man auf die konventionellen Flächen bedeutet das Regenwald-Zerstörung, hohe Pestizidbelastung für die Böden und Löhne, die eine Existenzsicherung kaum ermöglichen. Doch Kaffeeanbau kann mehr: Nachhaltiger und fairer Anbau in artenreichen Waldgärten sorgt nicht nur für eine bessere Lebensgrundlage der Menschen vor Ort, er kann sogar Regenwald-Retter sein!

Die ursprünglichen Anbaugebiete der kleinen Bohne lagen vor allem in Ostafrika. Dort wurde Kaffee traditionell unter verschiedenen Schattenbäumen gezüchtet. Inzwischen gibt es Sorten, die gänzlich ohne Schatten auskommen und als Monokultur deutlich mehr Ertrag pro Hektar liefern. Vor allem mit der Industrialisierung wurde der Kaffeeanbau stark ausgeweitet: Heute gelten Brasilien, Vietnam, Kolumbien und Indonesien als Hauptanbaugebiete. Rund um den Äquator nimmt die Fläche der Kaffeeplantagen rund zehn Millionen Hektar ein. Das entspricht etwa 14 Millionen Fußballfeldern. Teilweise werden Kaffeebäume mit vielen anderen Pflanzen auf der gleichen Fläche angebaut oder als Wildpflanzen im Wald abgeerntet – wie dies beispielsweise in Äthiopien bei 5 bis 10 Prozent der Ernte der Fall ist. In anderen Anbaugebieten gibt es dagegen intensiv betriebene Plantagen. 

Kaffee-Anbau: ein lukratives Geschäft?

30 – 40 Prozent aller weltweit verbrauchten Kaffeebohnen stammen aus Brasilien. Hier wird überwiegend auf großen Plantagen mit  hohem Einsatz von Düngern und Pestiziden angebaut. Darunter leidet neben der Biodiversität auch die Bodenqualität. Hinter Brasilien liegt Vietnam mit rund 600.000 Familien im Kaffeeanbau an Platz 2. Die Flächen sind hier meistens deutlich kleiner und häufig nur zwischen einem halben und zwei Hektar groß. Im drittstärksten Produktionsland Kolumbien liegt der Fokus auf Hochland- und Spezialitätenkaffee. 
Ein Großteil der Bäuer*innen weltweit verkauft seinen Kaffee an Zwischenhändler oder sofern sie sich organisiert haben, zu einem kleineren Anteil an Kooperativen. Viele können trotz der steigenden Nachfrage nach Kaffee kaum mehr ihren Lebensunterhalt bestreiten und leben unter der Armutsgrenze.

Monokulturen statt artenreicher Wälder

Das Luxusgut aus früheren Jahrhunderten ist schnell zum Genussmittels des Alltags geworden und Kaffee ist heute der meist gehandeltste Agrarrohstoff der Welt. Für die Anlage neuer Plantagen wird häufig Wald gerodet, denn die Pflanze wächst dort, wo sonst tropische Wälder stehen. Immer neue Flächen werden aufgrund der steigenden Nachfrage und den Herausforderungen durch die Klimakrise benötigt! Experten rechnen mit einer starken Verlagerung der Anbauflächen: Vor allem in niederen Lagen wird es zukünftig keine guten Bedingungen für den Kaffeeanbau mehr geben. Studien zeigen, dass 60 Prozent der Flächen, die sich klimatisch für den Anbau eignen, aktuell bewaldet sind - nur 20 Prozent davon stehen unter Schutz. Insbesondere auf intensiv bewirtschafteten Flächen gibt es aktuell bereits ein großes Problem mit Bodenerosionen und –degradationen, sowie eine hohe Nutzung und den Abfluss von Chemikalien. Hinzu kommt die Beeinträchtigung der Wasserqualität, ein unzureichendes Abwassermanagement und der mit all diesen negativen Auswirkungen einhergehende Verlust von Biodiversität. Untersuchungen zeigten, dass in Lateinamerika die Diversität von Baum-, Vogel- und Ameisenarten mit zunehmender Technisierung des Kaffeeanbaus stark abnimmt.
 

Mit Kaffee erfolgreich Regenwald schützen

Als Tropenwaldstiftung setzen wir mit unseren Pilotprojekten auch auf nachhaltigen, artenreichen Kaffeeanbau. In dem vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung geförderten Projekt ist die Weiterbildung und Förderung der Organisationsentwicklung der kleinbäuerlichen Strukturen ein wichtiger Faktor. Ein entscheidender Schritt ist es, den Wert des Kaffees zu steigern und die Weiterverarbeitung bis zum Rohkaffee in die eigenen Hände der Gemeinden zu geben. Der Fokus liegt hier auf artenreichen Waldgärten anstelle von Monokulturen. Sie sorgen für eine gute Durchmischung an Arten. Neben Kaffee können in einem solchen Waldgarten zum Beispiel Kapokbäume und Mimosengewächse sowie Bananen, Zitrusfrüchte oder Avocados wachsen. Solche Flächen orientieren sich in ihrem Aufbau an der Vielfältigkeit des Stockwerkbaus im Regenwald. Außerdem reduziert es den Druck auf die natürlichen Wälder vor Ort, da die Diversifizierung des Anbaus dabei hilft, nicht nur das Einkommen, sondern auch die Ernährung zu sichern.
Eine Studie der Universität Michigan zeigte, dass solche biodiversen Waldgärten besonders resistent gegen Schädlinge sind. Außerdem ist die Anzahl an Ameisen- und Vogelarten auf artenreichen Flächen fast genauso hoch wie in angrenzenden Waldgebieten. Kaffeeanbau in Form von Waldgärten ist vor allem langfristig die bessere Wahl: Die Böden haben eine bessere Qualität und die Flächen sind resistenter, wenn es um Extremwetter-Ereignisse geht. Dadurch haben nicht nur die Kleinbauern lange etwas von ihrer Parzelle, sondern auch der angrenzende Regenwald, der nicht mehr für neue Flächen gerodet wird.

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Regenwaldschonende Einkommesquellen fördern!

Qualitätskaffee aus dem Regenwald

In einem weiteren OroVerde-Projekt, das von der Europäischen Union gefördert wird, setzt die Stiftung auf innovative Methoden für mehr Transparenz und eine bessere Vermarktung.
Die Partner knüpften erfolgreich Kontakte und so fand der Qualitäts-Kaffee aus Guatemala seinen Weg schon nach Deutschland. Die Kooperativen wollen ihre Vermarktung national und international ausbauen. Der große Wunsch: Die Produzent*innen mehr in den Fokus rücken und den Anbau des Kaffees transparenter gestalten. Mit Hilfe einer neuen Webseite können die Kaffeebäuer*innen mit ihren Anbauflächen virtuell besichtigt werden. Noch befindet sich das Portal im Aufbau. Sobald es einsatzbereit ist zeigt die Weltkarte genau, woher der eigene Kaffee stammt.

Mit Ihrer Spende an OroVerde unterstützen Sie Projekte, die die Menschen fördern und Regenwald schützen. Dadurch wirken sie auf lange Sicht. Bringen Sie den Stein ins Rollen:
 

Bio, fair und artenreich

Als Verbraucher*in steht man vor der Qual der Wahl: Welchen Kaffee kann ich guten Gewissens kaufen? Ökologischer Anbau und faire Beschaffung sollten hier der Mindest-Standard sein. Leider muss man sagen, dass es bislang kein Siegel für fair bezahlten und ökologischen Anbau in besonders artenreichen Waldgärten gibt. Dort besteht noch Handlungsbedarf, den die Verbraucher*innen mit ihrer Kaufentscheidung für Kaffee, dessen Herkunft und Anbaumethoden sie kennen, vorantreiben können. Wenn Sie selbst ihren frischen Kaffee ohne schlechtes Gewissen genießen wollen, fragen Sie aktiv bei ihrer Rösterei nach, woher genau der Kaffee stammt und wie die Anbauflächen aussieht.

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