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Tropische Wälder sind einer der größten Speicher von CO2 weltweit. Der Amazonas speichert zum Beispiel die Menge an Kohlenstoff, die im Moment weltweit in 15 Jahren freigesetzt wird. Dem Erhalt und der Wiederaufforstung von Wäldern kommt daher für einen wirksamen Klimaschutz eine wichtige Rolle zu. Während in fast allen Teilen der Welt, die Fläche des Tropenwaldes wie Schnee an der Sonne schmilzt, gibt es nur wenige Länder wie zum Beispiel Costa Rica, die Erfolge beim Tropenwaldschutz verzeichnen. Es lohnt sich daher, die Situation in Costa Rica einmal genauer anzuschauen:

Von Dr. Volkhard Wille
Geschäftsführer der Tropenwaldstiftung OroVerde 

Mit einer Größe von rund 51.000 Quadratkilometern hat Costa Rica ungefähr eine Fläche so groß wie Niedersachen. Für mittel- und südamerikanische Verhältnisse ist Costa Rica ein Vorzeigestaat. Im Gegensatz zu vielen anderen Staaten Mittelamerikas gibt es nicht so extreme Gegensätze bei der Verteilung des Grundbesitzes. Weitgehende politische Stabilität über lange Zeiträume und wirtschaftliche Erfolge schaffen auch für Naturschutzprojekte gute Rahmenbedingungen.

Schon in den siebziger Jahren wurde die Bedeutung des Naturschutzes erkannt und konsequent durch die Ausweisung von Nationalparks und Naturschutzgebieten in konkrete Maßnahmen umgesetzt. Rund 25 Prozent der Landesfläche stehen heute unter Schutz und über 20 Nationalparks wurden ausgewiesen. Der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor – und eine intakte Natur gehört zu eine der wichtigsten Voraussetzungen für dauerhaften Erfolg.

All dies darf aber nicht den Blick darauf verstellen, dass auch in Costa Rica die Naturzerstörung voranschreitet: Monokulturen von Bananen und Kaffee breiten sich weiter aus und die kontinuierlich wachsende Bevölkerung erhöht den Siedlungsdruck. Costa Rica verfügt nach Angaben der FAO zurzeit über rund 2,4 Millionen Hektar Wald- und Forstfläche – das entspricht knapp der Hälfte der Landesfläche. Wirklicher Urwald im ursprünglichen Sinne sind davon aber nur 180 000 Hektar – der ganz überwiegende Teil des Waldes wird in irgendeiner Form vom Menschen beeinflusst und genutzt. Die Situation in Costa Rica ist vergleichsweise günstig – aber auch hier wird Wald abgeholzt. Pro Jahr gehen rund 3 000 Hektar Waldfläche verloren – mit zurzeit abnehmender Tendenz (Angaben der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)).

Neben der Ausweisung der Schutzgebiete hat Costa Rica in den neunziger Jahren ein Programm eingeführt, bei dem für Umweltdienstleistungen Geld an private Waldbesitzer gezahlt wird. Dazu werden zwischen den regionalen Schutzgebiets- und Forstbehörden Verträge mit privaten Waldbesitzern abgeschlossen, in denen diese sich verpflichten, Wald aufzuforsten und Nutzungseinschränkungen zu akzeptieren. Das Geld dafür stammt aus der Kraftfahrzeugsteuer aber auch Zuschüssen der Weltbank und Mitteln anderer Länder. Auch verschiedene Naturschutzorganisationen engagieren sich im Tropenwaldschutz in Costa Rica – ob durch Flächenkauf wie durch den Verein „Regenwald der Österreicher“ oder mittels Umweltbildung und Wiederaufforstung durch den Verein „Tropica Verde“.

Die Tropenwaldstiftung OroVerde versucht zurzeit mit Unterstützung der Stiftung Otto Eckart ein ähnliches Projekt in Guatemala umzusetzen. Die Ausgangssituation ist dort wesentlich schwieriger: Der blutige Bürgerkrieg liegt erst rund zehn Jahre zurück und die sozialen Ungleichgewichte sind ungleich größer. Verängstigte Kleinbauern müssen erst mühsam von derartigen Projekten überzeugt und dafür gewonnen werden. Naturschutz und Tourismus als Einkommensalternative müssen sich ihre Akzeptanz und Praxistauglichkeit noch erarbeiten.

Der derzeitige Präsident Costa Ricas und Friedensnobelpreisträger Oscar Arias Sánchez gab kürzlich sehr ehrgeizige Ziele im Klimaschutz bekannt. Bis zum Jahr 2021, dem 200. Geburtstag von Costa Rica, will das Land CO2-neutral sein. Vor dem Hintergrund, dass das Land den ganz überwiegenden Teil seiner Energie aus Wasserkraft erzeugt, ein durchaus realistisches Ziel. Derzeit wird daran gearbeitet, Möglichkeiten, die die Instrumente des Klimaschutzes bieten, als Finanzierungsquelle für weitere Aufforstungen zu erschließen. Andere Länder, die ihren Klimaschutzverpflichtungen im eigenen Land nicht so schnell nachkommen können, könnten diese dann durch die Finanzierung von Aufforstungsprojekten in Costa Rica erfüllen. Im Kyoto-Nachfolge-Protokoll, das ab 2012 zur Anwendung kommen soll, könnten derartige Maßnahmen zum Erhalt und der Wiederaufforstung von Wäldern in wesentlich größerem Umfang zum Einsatz kommen. Diese Chance will Costa Rica nutzen.

In Hinblick auf eine Übertragbarkeit des Erfolgsmodells Costa Rica auf andere Länder der Tropen, muss man die tiefer liegenden Ursachen für die Zerstörung der tropischen Wälder analysieren: Diese liegen im ungerechten Weltwirtschaftssystem, das den meisten Tropenländern keine wirksame Armutsbekämpfung erlaubt und sie zum Ausverkauf ihrer natürlichen Ressourcen zwingt. Der Tropenwald verschwindet am schnellsten in Ländern, die hoch verschuldet sind, unter extremer Armut leiden und von mehr oder weniger korrupten Regierungen regiert werden.

Bei all diesen Faktoren steht Costa Rica relativ gut da. Costa Rica etwa konnte im Gegensatz zu seinen mittelamerikanischen Nachbarn in den vergangenen Jahrzehnten Krieg und extremer Armut vorbeugen und ist heute eines der wenigen Länder, das seine letzten Regenwälder wirksam schützt. Über eine Million Touristen brachten 2001 Einnahmen von 1,3 Milliarden US-Dollar in das Land. Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist auch die positive und aktive Einstellung der Regierung von Costa Rica zu dieser Entwicklung. Die intakte Natur wird als Wert und als Chance für das Land wahrgenommen. Der damalige Präsident von Costa Rica Abel Pacheco de la Espriella erklärte im Jahr 2002: „Wir werden uns behaupten, ohne unsere Natur zu zerstören. Bevor wir eine Öl-Enklave werden, bevor wir ein Land voller Bergbauschäden werden, werde ich Costa Rica mit nachhaltigen Schritten in eine ökologische Macht verwandeln. Das wirkliche Öl und das wirkliche Gold der Zukunft sind Wasser und saubere Luft.“ Ein Bekenntnis, von dem auch die meisten Industriestaaten noch weit entfernt sind.

Hier erfahren Sie mehr über das Guatemala-Projekt von OroVerde.

 

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