Zwischen grünen Hügeln und schmalen Bachläufen steht ein einfaches Holzhaus mit Wellblechdach. Ein typisches Dach für die Region Hondo Valle im Süden der Dominikanischen Republik. Das ist die Parzelle von Adonys, seinem Vater Néstor und Onkel Fonso. Sie leben und arbeiten hier, versorgen sich teilweise selbst und verkaufen, was sie nicht brauchen auf dem Markt. Doch Adonys geht einen Schritt weiter: Er entwickelt seine Parzelle systematisch zu einem Ort der Biodiversität um. Die Vielfalt erstreckt sind in einer Mischung aus heimischen Bäumen, Kräutern, Feldfrüchten und Nutzpflanzen. Seine Motivation: gesunde Böden wiederherstellen und Einnahmemöglichkeiten erweitern.
15. September 2025 | von Nina Gawol und Kristina Osen
Adonys gehört zu einer wachsenden Zahl von Landwirt*innen, die sich aktiv für biodiversitätsfreundliche Anbaumethoden im gemeinsamen Projekt „KlimaWald“ der Welthungerhilfe und OroVerde einsetzen. Durch kluge Kombinationen verschiedener Pflanzenarten, den Schutz von Wasserquellen und die Einbindung traditionellen Wissens schafft er ein stabiles, klimaresilientes Produktionssystem. Dabei experimentiert er auch mit innovativen Ansätzen, wie der lokalen Herstellung von Rizinusöl, das aus den Samen des sogenannten Wunderbaums gewonnen wird. Es ist ein Beispiel für die zahlreichen Möglichkeiten, wie naturnahe Lösungen mit lokalen Rohstoffen Einkommen schaffen kann, ohne dabei die Natur zu zerstören.
Die Parzelle als Lernort
Für Adonys und seine Familie in der Dominikanischen Republik ist es wichtig, ihr Einkommen auf mehrere Standbeine zu stellen. Denn die Familie weiß, dass es aufgrund des Klimawandels zunehmend zu Ernteausfällen kommen kann. Der Anbau unterschiedlicher Pflanzen, die Kombination von Nutz- und Schutzflächen und die Verarbeitung lokaler Rohstoffe bieten ihnen neue Perspektiven. Das war nicht immer so, denn der Boden des Grundstücks war bereits stark erodiert, das Wasser floss früher nach Regenfällen ungebremst ab. Gemeinsam mit dem Projekt KlimaWald haben Adonys, sein Vater und sein Onkel grüne Lösungen gegen die Auswirkungen des Klimawandels umgesetzt. In der Fachsprache heißen diese Maßnahmen ökosystembasierte Anpassung an den Klimawandel (kurz EbA).
„Seit wir den Hang mit Bäumen aufgeforstet haben, bleibt das Wasser länger im Boden. Und der Bach führt jetzt mehr Wasser als zuvor“, erklärt Adonys bei einem Besuch auf der Parzelle. Am Hang wachsen heute Avocadobäume und Kaffeepflanzen, die unter dem lichten Blätterdach besonders gut gedeihen. Gleichzeitig erfüllt die Bepflanzung eine wichtige Schutzfunktion: Das dichte Wurzelwerk stabilisiert den Boden und schützt den Hang vor Erosion, besonders bei Starkregen.
Pionierpflanzen schaffen Raum für Vielfalt
Adonys, sein Vater und sein Onkel haben sich zu echten Naturbeobachtern entwickelt. Aufmerksam verfolgen sie, welche Pflanzen in ihrer Umgebung gut wachsen, besonders dort, wo der Boden trocken oder ausgelaugt ist. Wenn sie merken, dass eine einheimische Pflanze mit Trockenheit gut zurechtkommt, setzen sie sie gezielt ein, damit sie für sensiblere Pflanzen Schatten spendet und ein besseres Mikroklima, sodass nach und nach auch andere Pflanzen wachsen können.
Besonders auffällig sind die Cecropia-Bäume mit ihren großen Blättern entlang des Bachlaufs. Sie sind auch als Ameisenbäume bekannt und zählen zu den Pionierpflanzen in der Dominikanischen Republik. Pionierpflanzen sind Pflanzen, die besonders robust sind und schnell wachsen. Sie gehören zu den ersten, die sich auf offenen oder geschädigten Flächen ansiedeln können. Man kann sie sich wie eine Vorhut vorstellen: Sie bereiten den Boden und das Mikroklima so vor, dass später auch andere, empfindlichere Pflanzen wachsen können.
„Cecropia ist einfach praktisch“, erklärt Adonys und fügt hinzu: „Cecropia wächst schnell, kostet nichts. Diesen Trick mit dem Schatten haben viele vergessen.“ Ein Cecropia-Baum braucht außerdem wenig Nährstoffe und schützt mit seinem dichten Blätterdach den Boden vor starker Sonneneinstrahlung und Austrocknung. Zudem verhindert er Erosion und hilft, die Bodenfeuchtigkeit zu verbessern. So entsteht nach und nach ein günstigeres Umfeld für weitere Pflanzen. Das ist ähnlich wie in einem natürlichen Wald. Mit der Zeit kann sich auf einer geschädigten Fläche wieder ein gesundes Ökosystem entwickeln, etwa ein Mischwald oder ein Agroforstsystem mit Bäumen, Sträuchern und Nutzpflanzen. Man nutzt also die Kraft der Natur, um geschädigte Flächen wieder zu regenerieren. Zwischen den Bäumen hat er zusätzlich Kakao-Setzlinge gepflanzt. Sein kleines Experiment, wie er es nennt. Und direkt am Haus sorgt ein Garten für frisches Gemüse.
Der Wandel begann in der Familie
Die Geschichte von Adonys Familie ist auch eine Geschichte des Umdenkens. Sein Vater Néstor erinnert sich gut an einen folgenschweren Fehler: Aus Unachtsamkeit setzte er vor Jahren beim Abbrennen von Ernteresten versehentlich die Nachbarparzelle in Brand. Diese Technik des Abrennens ist bis heute eine weitverbreitete, aber sehr bodenschädliche Praktik.
Die Konsequenz des Feuers beim Nachbarn: eine hohe Entschädigungszahlung und Ärger in der Gemeinde. Diese Erfahrung hat nicht nur ihn geprägt, sondern auch den jungen Adonys. Seitdem setzt die Familie konsequent auf nachhaltige Methoden und ökologisches Wissen. Das Projekt KlimaWald hat sie darin bestärkt, Bodenschutz als eine Investition in die Zukunft zu sehen.
EbA als Zukunftsmodell
Die Parzelle von Adonys, seinem Vater und Onkel zeigt, wie ökologische Anpassungen an den Klimawandel, wirtschaftliche Perspektiven und altes Wissen Hand in Hand gehen können. Die schnell wachsenden Bäume schützen Boden und Wasser, das Agroforstsystem stabilisiert das Einkommen, der Garten ernährt die Familie. Es ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie sich lokale Rohstoffe in eine zukunftsfähige, ökosystemfreundliche Landwirtschaft einfügen können.
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