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Als lebendes Fossil wird er bezeichnet. Mit kurzem Rüssel, sternförmigen Hufe und einem riesigen Hinterteil ist er eine drollige Erscheinung, der Tapir. Aber so drollig er auch aussieht, so zentral ist seine Rolle für die tropischen Wälder, die er – am liebsten bei Dämmerung und nachts – durchstreift. Eine Hommage an den berüsselten Waldwächter zum internationalen Tapirtag.

Never Change a running System

Das ist wohl die Devise des Tapirs. Wobei: rennen, das machen diese Tiere äußerst ungern; eigentlich nur, wenn sie in Gefahr sind. Sie bevorzugen gemächliche Waldspaziergänge – je nach Art häufig auf festen Routen, den Tapir-Pfaden. Als Wesen, dass „die Evolution verschlafen“ hat bezeichnete GEO online diese besonderen Tiere. Aber warum sollten sie sich auch ändern? Biolog*innen gehen tatsächlich davon aus, dass sich die Gattung über viele Millionen Jahren kaum verändert hat. Was sich allerdings änderte, ist ihr Verbreitungsraum. Die ersten fossilen Funde, die sich eindeutig der Tapirfamilie zuordnen lassen sind über 30 Millionen Jahre alt und stammen aus Europa. Heute sucht man sie hier leider vergeblich. Klimabedingt verschwanden die Tapire vor ca. 2,7 Millionen Jahren aus Europa. Eine Abkühlung zusammen mit größeren jahreszeitlichen Schwankungen führte zu Vegetationsveränderungen und zum Faunenwechsel. Tapire starben in Europa aus.

Glücklicherweise fanden sie ein optimales Zuhause in den dichten Wäldern Zentral und Südamerikas und in Asien. Doch profitieren die Tapire nicht nur von den Wäldern, sondern die Wälder auch von ihnen.

Vegane Ernährung und Seedbombs

… scheinen zeitgenössische Konzepte umweltbewusster Artgenoss*innen zu sein. Aber wie so oft liegt die Vorlage in der Natur. In diesen Fällen vereint im Tapir. Das herbivore Tier konsumiert nämlich nicht nur Tonnenweise Blätter, Früchte und Knospen. Sein mit Samen gespickter Kot sorgt auch dafür, dass diese Pflanzen entlang seiner Wege wieder ausgesät werden. Eine stinkende, aber effektive Seedbomb.

Doch leider können die Tapire nicht so viel s… äen, wie der Mensch roden kann. Durch das menschengemachte Schwinden der tropischen Wälder ist der Tapir bedroht. Konnte die Tapirfamilie über Jahrmillion überleben, so sind heute alle Arten gefährdet bis stark gefährdet. Schämen sollten wir uns.

Tropenwaldschutz ist Tapirschutz

In Schutzgebieten gibt es mitunter verschiedene Programme, die die Tapire schützen. So auch in der OroVerde Projektregion Sierra de Landón in Guatemala. Über viele Jahre ging die Tapirpopulation dort zurück, ja wurde in bestimmten Teilen des Waldes gar über 15 Jahre kein Tapir gesichtet.

Wo das Projekt WaldGewinn selbst auf den Schutz des Waldes und die qualifizierte Wiederaufforstung in dieser Region gerichtet ist, legt ein Projekt explizit zum Schutz der berüsselten Fauna sein Augenmerk auf die Entwicklung der Population im Lacandón Schutzgebiet. Wo Tapire hinkommen, sind sie – gemäß ihrer oben beschriebenen Eigenschaften – wahre Aufforstungsmaschinen. Das Forschungsteam vor Ort konnte den Verzehr von bis zu 49 Pflanzenarten durch den mittelamerikanischen Tapir nachweisen. 49 Arten, die von den Tapiren auch wieder ausgesät werden. So werden zwischen Tier- und Waldschutzprogrammen enorme Synergien freigesetzt: die Tapirpopulation in Lacandón konnte wachsen, so wie der Wald selbst.

Zusätzlich zum „Kerngeschäft“ setzen beide Programme auch auf die Einbeziehung der lokalen Bevölkerung. Die gezielte Ausbildung von lokalen Waldbrandbrigaden, die Schaffung alternativer Einkommensquellen, etwa durch Agroforstsysteme, Programme für nachhaltigen Tourismus und die Sensibilisierung durch Umweltbildung: All das führt dazu, dass Wald und Tapir erhalten bleiben.

Wenn wir den Tropenwald gut schützen, durch starke Programme und scharfe Gesetze, kann der 27. April ein Tag bleiben, an dem wir belustigt daran denken, dass irgendwo im Regenwald ein Tapir gerade eine große Seedbomb legt.

 

Fotonachweis: Wir danken dem "Programa para la conservación del Tapir Centroamericano en Guatemala 2020-2023” (Fundación Segre zusammen mit einer Expertengruppe der der Unión Internacional para la Conservación de la Naturaleza (UICN)) und Alejandro Mármol für das Bildmaterial aus den Fotofallen.