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Für viele gehört Fleisch zu fast jeder Mahlzeit dazu. Die Tiere für unseren hohen Fleischkonsum werden mit importiertem Sojaschrot gefüttert. Die Erzeugung von Fleisch, Milch, Käse und Eiern in Verbindung mit Massentierhaltung hat enorme weltweite Auswirkungen auf das Klima, den Verbrauch landwirtschaftlicher Nutzflächen, die Artenvielfalt, Antibiotika-Resistenzen sowie Böden und Gewässer.

Mit Blick auf die globale Bevölkerungsentwicklung stellt sich die Frage, wie viel Fleisch wir uns in Zukunft noch erlauben können, bis wir an Grenzen stoßen. Vordergründig scheint es nicht nachvollziehbar, warum der Fleischhunger immer mehr tropischen Regenwald unwiederbringlich vernichtet. Durch unseren Fleischhunger sind unsere Gesundheit und ganze Ökosysteme gefährdet. Rund 57 Kilogramm Fleisch verzehren wir Deutschen rechnerisch pro Jahr. Das ist mehr als 1 Kilogramm pro Woche. Welche Folgen hat der Verzehr dieser Menge Fleisch für die Umwelt und speziell für den Regenwald? Worauf kann ich als Verbraucher achten? Und wie hängen Fleischkonsum, Massentierhaltung, Sojaanbau und Regenwald zusammen? Um diese Fragen geht es auf diesen Seiten. Darüber hinaus erfahren Sie, welche Siegel Ihnen bei der Orientierung helfen, um die eigene Ernährung bewusst zu gestalten.

7 Fakten zu Soja und Fleischkonsum

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1.
Rund 57 Kilo Fleisch isst jeder Deutsche durchschnittlich im Jahr (2020).
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2.
77 % des weltweit angebauten Sojas wird als Tierfutter verwendet, weil es besonders eiweißreich ist und die Tiere dadurch schnell ihr Schlachtgewicht erreichen.
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3.
Sojaanbau ist nur im großen Stil lukrativ. Kleinbäuer*innen profitieren ökonomisch nicht davon.
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4.
Der hohe Fleischkonsum ist doppelt schädlich fürs Klima. Wald wird abgeholzt und die Tiere stoßen zusätzlich klimaschädliche Gase wie CO2 oder Methan aus. 
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5.
2021 war die Anbaufläche von Soja in Brasilien so groß wie die Landesfläche von Italien – und Deutschland einer der größten Importeure von brasilianischem Soja. 
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6.
Viehhaltung hat einen enormen Wasserbedarf. Bis zu 99 % des Wassers wird dabei für die Futtermittelerzeugung verwendet.
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7.
Lebensmittelverschwendung vermeiden ist ein wichtiger Schritt: 24 Prozent der gesamten Lebensmittelverluste in Deutschland fallen auf Fleisch- und Milchprodukte und Eier.

Was hat mein Fleischkonsum mit der Regenwaldzerstörung zu tun?

Soja erlebt einen regelrechten Boom als Tierfutter in der industriellen Massenproduktion. Um die anhaltend hohe Nachfrage zu befriedigen, wird Soja überwiegend in großflächigen Monokulturen, also artenarmen Äckern mit nur einer einzigen Pflanzenart, angebaut. Dafür werden vor allem im brasilianischen Regenwald riesige Flächen gerodet. In den Jahren zwischen 2005 und 2017 waren es jedes Jahr über 89.000 Hektar tropischer Regenwald. Eine Fläche der Größe Berlins wurde damit jedes Jahr gerodet und das allein für den Verbrauch in Europa! Die Europäische Union (EU) ist  dabei der zweitgrößte Importeur von Soja. Deutschland ist einer der größten Abnehmer innerhalb der EU. Somit ist der große Fleischhunger ein wichtiger Grund für die Abholzung von tropischem Regenwald!

Warum wird Soja als Futtermittel genutzt?

Soja wird als Futtermittel eingesetzt, da es deutlich mehr Eiweiß als andere Bohnenarten enthält. Das ist für die Massentierhaltung enorm wichtig, da die Tiere eiweißhaltiges Futter für ein schnelles Wachstum benötigen. Soja ist somit ergiebiger als andere Futtermittel. Wurden ursprünglich nur so viele Tiere gehalten, wie die umliegenden Flächen ernähren konnten, wird in der Massentierhaltung Tierfutter in großen Mengen hinzugekauft. 37 Prozent des weltweit exportierten Sojas stammt aus dem Regenwald-Land Brasilien. In den beiden größten Produktionsländern USA und Brasilien wurden 2020 112 bzw. 134 Mio. Tonnen Sojabohnen produziert.

Die steigende Nachfrage nach Soja hat allerdings auch noch eine andere Ursache. Durch ein EU weites Verbot im Jahre 2001, Tiermehl als Eiweißfutter für die rasant wachsende Massentierhaltung einzusetzen, wurde ein Ersatz-Eiweißlieferant gesucht und in Soja gefunden. Tiermehl wurde zuvor als Auslöser von BSE („Rinderwahn“) identifiziert. Seitdem warnen Naturschützer, der Teufel sei mit dem Beelzebub ausgetrieben worden. Zwar wollte man die Ausbreitung der Seuche BSE eindämmen, jedoch ziehe nun die Vernichtung der tropischen Regenwälder viele weitere Folgen nach sich: vom Anheizen des Klimawandels bis zum Aussterben einmaliger Tier- und Pflanzenarten.

Was versteht man unter Massentierhaltung?

Definition Massentierhaltung: In der Massentierhaltung werden Nutztiere gleicher Art und Altersgruppe in großen Beständen auf begrenztem Raum gehalten, wobei der Betrieb mehr Tiere hält, als er von seinen eigenen Flächen ernähren kann. Der Import von Futtermitteln ist daher ein Charakteristikum. Kennzeichen der Massentierhaltung ist zudem der geringstmögliche Einsatz von Arbeitskräften zur Versorgung und Fütterung sowie die Verwendung mechanischer Einrichtungen für die Unterbringung und Haltung der Tiere.

Für die Produktion von einem Kilogramm Hühnchenfleisch in der Massentierhaltung wird neben weiteren Futtermittelbestandteilen wie Weizen, Mais und Raps 960 Gramm Soja benötigt. Rechnen wir die Mengen Soja im Tierfutter der tierischen Produkte, die in der EU konsumiert werden, um, so werden für die Produktion eines konventionellen Hamburgers (150 Gramm Rindfleisch) oder eines Schweineschnitzels (150 Gramm) durchschnittlich jeweils knapp 50 Gramm Soja gebraucht. Für ein Hähnchenbrustfilet (150 Gramm) sogar 163 Gramm Soja und in jedem Ei (55 Gramm) 29 Gramm Soja.
Um diese Menge Soja anzubauen, sind 3,7 Quadratmeter Ackerland erforderlich. Auf derselben Fläche könnten rechnerisch rund 15 Kilogramm Kartoffeln angebaut werden. Generell werden in Futtermitteln für die Mast von Tieren verschiedene Quellen von Proteinen, Fette und ähnliches eingesetzt. Bei über 80 Millionen Tonnen Verbrauch an Eiweißfuttermitteln in der EU im Jahr 2020, macht Sojaschrot mit über 30 Millionen Tonnen einen Großteil aus. 

Vor dem Hintergrund, dass bis in den 2050er Jahren 10 Milliarden Menschen auf der Erde leben werden, müssen wir eine Möglichkeit finden, all diese Menschen zu ernähren. Weniger Fleisch zu essen, damit landwirtschaftlich nutzbare Flächen für andere Lebensmittel genutzt werden können, ist ein wichtiger Schritt, um dies zu erreichen.

Wie viel Fleisch essen wir?

57 Kilogramm Fleischkonsum und 84 Kilogramm Fleischverbrauch pro Kopf pro Jahr in Deutschland. Bei den Verbrauchszahlen wird alles berechnet, was geschlachtet wird. Also werden hier auch Knochen, Haut ­und andere nicht verwertbare Teile des Tiers mit eingerechnet. Der Konsum wiederum bezieht sich nur auf das, was wir tatsächlich auch verzehren. Das bedeutet, dass jeder Deutsche einen durchschnittlichen Fleischverzehr von über einem Kilogramm pro Woche hat. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt aus gesundheitlichen Gründen gerade einmal den Konsum von 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Woche. Und obwohl unser Fleischkonsum zu einem der höchsten weltweit zählt, produzieren wir noch fast 18 Prozent mehr, als wir selbst verbrauchen.

Immerhin zeigen die Zahlen, dass immer mehr Menschen in Bezug auf ihre Ernährung umdenken und weniger Fleisch essen. Die Gründe sind vielfältig und nehmen an Bedeutung zu: von gesundheitlichen Aspekten über Tierwohl bis zu Natur- und Klimaschutz. Weniger Fleisch zahlt sich einfach aus!  

18 Milliarden Tiere werden jährlich weggeschmissen

Laut einer Studie von Forschenden der Universität Leiden wurden im Jahr 2019 weltweit 52,4 Millionen Tonnen knochenfreies essbares Fleisch nicht gegessen, sondern entlang der Produktionskette weggeschmissen. Das entspricht mehr als 18 Milliarden Tieren jährlich, die aufgezogen und getötet werden, ohne einen Nutzen für die menschliche Versorgung gehabt zu haben. Das sind mehr als doppelt so viele Tiere, wie es Menschen auf unserem Planeten gibt.

Die 18 Milliarden verteilen sich wie folgt auf die verschiedenen Tiere:

  • 16,8 Milliarden Hühnern (93,6 %),
  • 402,3 Millionen Puten (2,3 %),
  • 298,8 Millionen Schweinen (1,7 %),
  • 195,7 Millionen Schafen (1,1 %),
  • 188 Millionen Ziegen (1,1 %),
  • 74,1 Millionen Rindern (0,4 %).

Darin nicht eingeschlossen sind andere Tierarten wie Fisch oder Wild: Männliche Küken in der Eierproduktion und Kälber in der Milchwirtschaft, die gezielt nach ihrer Geburt getötet werden, da sie für die Produktion grundsätzlich keinen Nutzen haben, sind ebenfalls nicht in diesen Zahlen enthalten.

Der Aderlass geschieht entlang der gesamten Produktionskette:

  • Aufzuchtphase (24,9 %): Viele Tiere sterben aufgrund der schlechten hygienischen Bedingungen und Überzüchtungen bereits hier,
  • Schlachtung, Verarbeitung und Verpackung (20 %),
  • Transport und in der Lagerung (7,8 %),
  • Verkauf (20,6 %) z.B. aufgrund einer Unterbrechung der Kühlung innerhalb der Produktionskette,
  • In privaten Haushalten und der Gastronomie (26,7 %).

Unterschiede in der weltweiten Wegwerfgesellschaft

Weltweit gibt es jedoch nationale Unterschiede, in welcher Phase das meiste Fleisch weggeschmissen wird:

  • In Lateinamerika, einigen afrikanischen Ländern sowie West- und Zentralasien entstehen die Verluste vor allem in der Produktionsphase.
  • In den Industrieländern wie Nordamerika, Ozeanien, Europa und industrialisiertem Asien wird das Fleisch vor allem nach dem Kauf in Privathaushalten weggeworfen, etwa weil es schlecht geworden ist oder zu viel gekauft wurde.
  • In Bezug auf die Bevölkerungsgröße wird das meiste Fleisch in Nordamerika, Ozeanien, Lateinamerika und Europa weggeschmissen. Traurige Spitzenreiter sind Südafrika, die USA und Brasilien.

 

Fleisch ist nicht gleich Tier?

Laut der Studie und dem Fleischatlas der Heinrich-Böll-Stiftung 2021 liegt ein Hauptgrund für das massenhafte Wegwerfen von Fleisch darin, dass Menschen sich zunehmend vom tierischen Ursprung des Fleisches entfremden. Durch die bequeme Verfügbarkeit von bereits verarbeitetem Fleisch ohne die notwendige Konfrontation mit den Tieren oder ihrer Tötung sei es leicht, das zugrundeliegende Leid der Tiere auszublenden. Verstärkt wird die geringe Wertschätzung von Fleisch durch die vergleichsweise geringen Preise.

Mehrere Studien zeigen, dass vor allem in Industrieländern ein großes Potenzial besteht, Abfallmengen zu reduzieren. Dazu muss sich dringend unser Produktionssystem ändern. Denn es ist unverantwortlich und verschwenderisch, Tiere — geschweige denn Milliarden von ihnen — leiden und sterben zu lassen, ohne dass dies letztendlich irgendeinen Sinn erfüllen. Wertschätzung für Tiere und tierische Produkte ist der erste Schritt, die Reduktion von Abfall in Gastronomie und im Privathaushalt der zweite. Letztendlich führt ein verminderter Konsum von Fleisch und tierischen Produkten nicht nur zu weniger Abfall, sondern senkt auch die katastrophalen Auswirkungen der Massentierhaltung für Umwelt, Tier und Mensch.

Was Sie im Alltag tun können

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1.
Zu Hause nachschauen, wie oft Fleisch und Fleischprodukte auf dem Teller sind und diese etwas reduzieren.
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2.
Lieber Bio-Fleisch kaufen
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3.
Auf Siegel achten
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4.
Weniger wegwerfen
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5.
Sich für  fleischfreie Tage in der Kantine einsetzen
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6.
Andere für das Thema sensibilisieren

Steigen Sie tiefer in das Thema „Soja & Fleischkonsum“ ein:

Fleischkonsum und Regenwald

Was Fleisch, Soja und Regenwald miteinander zu tun haben

Warum so viel Soja im Tierfutter landet

Tipps für einen nachhaltigeren Fleischkonsum

Fleischersatzprodukte

Eine „nachhaltige“ Alternative?

Die Folgen der Massentierhaltung

Fleischkonsum in Deutschland und die katastrophalen Folgen für den Regenwald in Südamerika

Siegel und Zeichen für Fleisch

Bedeutung und Empfehlung

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OroVerde - Die Tropenwaldstiftung
Telefon: 0228 24290-0
info[at]oroverde[dot]de

Fotonachweis: OroVerde/Idee: Benjamin Meierarnd (Titelbild - Wurstbrot); ©BBC World Service (Feld und Wald); Pxhere (Soja Fleisch Grillgut); ©gpointstudio (Einkaufswagen Verbrauchertipps); @By Pixel-Sepp (CCO via Pixabay) (Kuh); OroVerde und Özi´s Comix Studio//CC BY-ND (Nahrungskette Soja Mensch, Vergleich Sojabedarf Massentierhaltung (nach Kuepper, B. & M. Stravens (2022): Mapping the European Soy Supply Chain – Embedded Soy in Animal Products Consumed in the EU27+UK, )); OroVerde/E.Mannigel (Regenwald)

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